33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2732* <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Was unternimmt die Bundesregierung über die üblichen finanziellen<br />
Hilfen hinaus, um den betroffenen Ländern in der<br />
Arbeit von Prävention und Aufklärung zu helfen und durch<br />
besondere Maßnahmen zu unterstützen?<br />
Zu Frage 110:<br />
Zum 31. Mai 1991 lagen dem AIDS-Zentrum Meldungen<br />
über 31 AIDS-Erkrankungen und 167 HIV-<br />
Infektionen in den neuen Bundesländern einschließlich<br />
Berlin (Ost) vor. Ein überproportionaler Anstieg<br />
von AIDS-Fällen ist aufgrund der langen Inkubationszeit<br />
in der kurzen Beobachtungszeit nicht zu erwarten.<br />
Es liegen außerdem keine Anzeichen für eine<br />
erhebliche Zunahme von HIV-Infektionen in den<br />
neuen Bundesländern vor. Die nachgewiesenen HIV-<br />
Infektionen entsprechen dem Muster in den alten<br />
Bundesländern, d. h. es sind hauptsächlich Homosexuelle<br />
betroffen. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird<br />
auf die Presseerklärung des BMG Nr. 39 vom 12. Juni<br />
1991 verwiesen.<br />
Verläßliche Daten über eine Zunahme von Drogenkonsum<br />
bzw. eine Etablierung entsprechender Szenen<br />
von iv. Drogenabhängigen in den neuen Bundesländern<br />
liegen bisher nicht vor.<br />
Zu Frage 111:<br />
Bereits 1990 wurden die damalige DDR und später<br />
die neuen Bundesländer in die Verteilung von Printund<br />
audiovisuellen Medien der Bundeszentrale für<br />
gesundheitliche Aufklärung einbezogen. Der Umfang<br />
dieser Verteilung hat stetig zugenommen. Vertreter<br />
der neuen Länder arbeiten seit Mai dieses Jahres im<br />
- Bund-Länder-Gremium zur Koordinierung der AIDS<br />
Aufklärung mit. Die Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung führt im 1. Halbjahr 1991 im Rahmen<br />
der personalen Kommunikation etwa 30 % ihrer Aktivitäten<br />
in den neuen Bundesländern durch. Eine Ausweitung<br />
auf 50 % und ggf. 60 % ist beabsichtigt. Ebenfalls<br />
personalkommunikativen Charakter hat ein Projektantrag<br />
der Bundesvereinigung für Gesundheitserziehung<br />
e. V., der gegenwärtig mit positiver Tendenz<br />
geprüft wird. Er sieht vor, durch Multiplikatorenschulung<br />
insbesondere im verbandlichen Bereich die<br />
AIDS-Prävention in den neuen Ländern zu stärken<br />
und leistet damit zugleich einen Beitrag zum Aufbau<br />
der Gesundheitserziehung insgesamt. Vom AIDS-<br />
Zentrum des Bundesgesundheitsamtes wurden bisher<br />
präventionsorientierte Fortbildungsveranstaltungen<br />
in Ziegenhals bei Berlin, Erfurt, Magdeburg und<br />
Schwerin durchgeführt. Angesprochen als Multiplikatoren<br />
waren hier vor allem Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter<br />
und Lehrer. Entsprechende Veranstaltungen<br />
für die Länder Brandenburg und Sachsen sind in<br />
Vorbereitung.<br />
Um die AIDS-Aufklärung insgesamt möglichst<br />
frühzeitig weiten Kreisen der Gesamtbevölkerung<br />
vorzustellen, ist als massenmediales Eröffnungsangebot<br />
in den neuen Ländern eine Anzeigenschaltung in<br />
den Tageszeitungen vorgesehen. Sie soll auf die Gefahren<br />
von AIDS/HIV sowie die verschiedenen Präventionsmedien<br />
hinweisen und die Anforderung dieser<br />
Medien erleichtern.<br />
Speziell für den Einsatz in Präventionsschwerpunkten<br />
der neuen Länder wurden der Deutschen AIDS-<br />
Hilfe 5 Stellen für „Streetworker" bewilligt. Für jedes<br />
dieser Länder ist zudem die Förderung eines interdisziplinär<br />
angelegten Projekt-Teams zur AIDS-Prävention<br />
vorgesehen, das jeweils 5 Personen/Land umfassen<br />
und die Entwicklung einer zielgruppenspezifischen<br />
AIDS-Beratung und -Aufklärung vorantreiben<br />
soll. Für den Ostteil von Berlin schließlich ist beabsichtigt,<br />
im Bereich der Prävention arbeitende Dienste<br />
und Einrichtungen mit zusätzlichen, aus Bundesmitteln<br />
geförderten Stellen zu verstärken. Zwei zum Aufbau<br />
einer wirkungsvollen AIDS-Beratung dort geförderte<br />
Stellen stehen bereits seit Mai 1990 zur Verfügung.<br />
Als erste drogenpolitische Aufgabe in den neuen<br />
Bundesländern ist die Verstärkung der Prävention anzusehen.<br />
Dazu bietet sich an, das im Zuge der Umsetzung<br />
des Nationalen Rauschgiftbekämpfungsplanes<br />
1990 angelaufene Modellprogramm „Mobile Drogenprävention"<br />
in die neuen Bundesländer auszudehnen.<br />
Wie in den alten Bundesländern soll auch in den<br />
neuen Ländern die Deutsche Hauptstelle gegen die<br />
Suchtgefahren (DHS) Koordination und Begleitung<br />
des Programms übernehmen. Sie verfügt bereits über<br />
tragfähige Kontakte mit entsprechenden Einrichtungen<br />
und Trägern in den neuen Ländern. Es ist vorgesehen,<br />
in Berlin, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg<br />
und Mecklenburg-Vorpommern je 2 und in<br />
Sachsen wegen der deutlich höheren Gesamtbevölkerung<br />
3 Präventionsstellen einzurichten.<br />
Im Unterschied zu den alten Bundesländern, wo die<br />
im Programm tätigen Präventionsfachkräfte in Verbindung<br />
mit einer erfahrenen Drogenberatungsstelle<br />
eingesetzt werden, sollen in den neuen Ländern durch<br />
den zusätzlichen Einsatz von ABM-Kräften die Bildung<br />
von „Zweier-Teams" ermöglicht werden, um<br />
die in den neuen Ländern besonders problematische<br />
„Einzelkämpfer-Situation" zu vermeiden und um<br />
gleichzeitig möglichen künftigen Mitarbeitern in der<br />
Präventionsarbeit der Länder eine entsprechende Erfahrungsbildung<br />
zu ermöglichen. Das Programm soll<br />
von Mitte 1991 an zunächst eine Laufzeit von 3 Jahren<br />
haben.<br />
Darüber hinaus finden in den neuen Ländern Aktionswochen<br />
unter dem Motto „Bewußter leben —<br />
Möglichkeiten und Methoden der Gesundheitsförderung"<br />
statt. Diese Aktionswochen umfassen Ausstellungen<br />
und Präsentationen, Informationsveranstaltungen<br />
sowie Seminare zu Themen der Gesundheitserziehung<br />
und -förderung, die schwerpunktmäßig<br />
auch den Suchtbereich beinhalten. Angesprochen<br />
werden Multiplikatoren/innen aus dem schulischen<br />
und außerschulischen Bereich. Veranstalter dieser<br />
Aktionen ist die Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung. Auch die Deutsche Hauptstelle gegen die<br />
Suchtgefahren informiert im Rahmen dieser Veranstaltungen<br />
über ihre Arbeit.<br />
Die Resonanz der ersten Aktionswochen, die vom<br />
4. Mai bis 1. Juni 1991 im Hygiene-Museum in Dresden<br />
stattfanden, war gut. Es ist geplant, die o. a. Aktion<br />
in allen fünf östlichen Bundesländern durchzuführen.