33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2617<br />
Vera Wollenberger<br />
Kommandobehörden und Divisionsstäben für die Stationierung<br />
zukünftiger Kommandostäbe zu erhalten?<br />
Eine Entscheidung, die sicher von unserem Nachbarn<br />
sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen wird.<br />
Was nun den Weg zu Ihrem, mit Verlaub, zweifelhaften<br />
Ziel betrifft, Herr Stoltenberg, so ist er mit<br />
Sicherheit alles andere als kosteneffektiv; denn das<br />
hätte er nur sein können, wären die Kommunen rechtzeitig<br />
in die Planung einbezogen worden, wäre vorher<br />
wirklich umfassend über Konversion in all ihrer Komplexität<br />
nachgedacht worden.<br />
(Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei<br />
der SPD)<br />
Bezogen auf das Territorium der fünf neuen Bundesländer<br />
heißt das, daß kein Bundesland für sich<br />
allein die Probleme bewältigen kann, die mit der Auflösung<br />
der NVA bzw. ihrer reduzierten Überführung<br />
in die Bundeswehr und dem Abzug der Westgruppe<br />
der sowjetischen Streitkräfte verbunden sind. Kein<br />
Bundesland kann allein und ausschließlich aus eigener<br />
Kraft verhindern, daß die Belegschaft ehemaliger<br />
Rüstungsbetriebe arbeitslos wird, wenn die Bundesregierung<br />
nicht bereit ist, in der Rechtsnachfolge des<br />
Bundes zur untergangenen DDR für die Folgen zentralstaatlichen<br />
Handelns einzustehen.<br />
Aus der Sicht der Gruppe Bündnis 90/GRÜNE stehen<br />
vor allem zwei Probleme im Vordergrund. Zum<br />
einen geht es um die Landumnutzung für zivile<br />
Zwecke. Wir fordern, daß die Liegenschaften aus der<br />
militärischen Nutzung altlastenfrei entlassen werden.<br />
Dazu muß der Bund finanzielle Mittel für die Sanierung<br />
und zivile Erschließung bisher militärisch genutzter<br />
Liegenschaften bereitstellen. Einen zweiten<br />
Schwerpunkt sehen wir in der Schaffung und Sicherung<br />
von Arbeitsplätzen, also in der personellen Konversion.<br />
Da meine Redezeit schon abgelaufen ist, möchte ich<br />
nur noch schnell etwas zu dem Konzept der Zivilbeschäftigten<br />
sagen. Dieses Konzept wurde bezeichnenderweise<br />
erst heute vormittag im Verteidigungsausschuß<br />
verteilt und konnte deshalb nicht ausführlich<br />
beraten werden. Wir sind aber der Meinung, daß das<br />
Gesamtressortkonzept erst verabschiedet werden<br />
sollte, wenn über dieses Zivilpersonalkonzept ausführlich<br />
und abschließend beraten werden konnte.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei<br />
Abgeordneten der SPD)<br />
Vizepräsident Helmuth Becker: Ich erteile nunmehr<br />
dem Herrn Staatssekretär Klaus Beckmann - das<br />
Wort.<br />
Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister<br />
für Wirtschaft: Herr Präsident! Meine sehr<br />
verehrten Damen! Meine Herren! Ich denke, wir sind<br />
uns alle einig, daß die Abrüstung uneingeschränkt zu<br />
begrüßen ist. Neben den damit verbundenen Chancen<br />
für die Sicherung des Friedens in Europa werden<br />
die Abrüstungsmaßnahmen mittel- bis langfristig<br />
auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Auf der<br />
anderen Seite — das ist jetzt in der Debatte deutlich<br />
geworden — ist auch jedem klar, daß diese Entwick<br />
lung ebenso negative Auswirkungen haben kann. Das<br />
wird ganz konkret sichtbar, wenn Truppen aus strukturschwachen<br />
Regionen abziehen.<br />
Der Bundesverteidigungsminister hat bei der<br />
Standortplanung einen Kriterienkatalog zugrunde<br />
gelegt, der u. a. auch regional-wirtschaftliche<br />
Aspekte einschließt. Das heißt, bei der Planung<br />
wurde, soweit dies möglich war, der Schließung von<br />
Standorten in Ballungsgebieten Vorrang vor der<br />
Schließung von Standorten in strukturschwachen Regionen<br />
gegeben. Daß dieser Grundsatz allerdings<br />
nicht immer gelten konnte, zeigt das vom Bundesverteidigungsministerium<br />
vorgelegte Ressortkonzept.<br />
Herr Kollege Koppelin hat eben darauf hingewiesen.<br />
Daraus ergibt sich nun die Schlußfolgerung, daß in<br />
den betroffenen strukturschwachen Regionen, für die<br />
die Einrichtungen der Bundeswehr ein wichtiger Arbeitgeber<br />
und auch Wirtschaftsfaktor sind, erheblicher<br />
Anpassungsbedarf eintreten wird. Gleiches gilt<br />
natürlich auch für die Regionen, die von einem Truppenabzug<br />
ausländischer Streitkräfte betroffen sind.<br />
Diese Regionen werden nicht in der Lage sein, allein<br />
aus eigener Kraft diese Folgen abzufangen. Es entsteht<br />
also Handlungsbedarf.<br />
Meine Damen und Herren, die seit Februar 1990<br />
eingerichtete interministerielle Arbeitsgruppe unter<br />
Federführung des Bundeswirtschaftsministers hat die<br />
Felder und Politikbereiche festgelegt, die für die erforderliche<br />
notwendige Flankierung in Betracht kommen.<br />
Lassen Sie sie mich wegen der Kürze der Zeit nur<br />
stichwortartig nennen:<br />
Erstens. Beschleunigung des Freigabeverfahrens<br />
für ehemalig militärisch genutzten Geländes.<br />
(Beifall bei der FDP)<br />
Zweitens. Erhöhung der Preisabschläge beim Verkauf<br />
bundeseigener Liegenschaften.<br />
Drittens regionalpolitische Flankierung.<br />
Der Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe<br />
„Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"<br />
hat bereits im Januar dieses Jahres einen Grundsatzbeschluß<br />
für ein regionales Sonderprogramm für die<br />
Regionen getroffen, die erheblich vom Truppenabbau<br />
betroffen werden und die daher mit ähnlichen Problemen<br />
konfrontiert sind, wie sie früher an Stahlstandorten<br />
oder Küstenstandorten mit Werften anzutreffen<br />
waren.<br />
Viertens werden städtebauliche Maßnahmen oder<br />
Infrastrukturmaßnahmen greifen müssen. Dies sind<br />
einige Bereiche, die Möglichkeiten für eine Flankierung<br />
bieten und die geeignet sind, die Standortbestimmungen<br />
in den Regionen zu verbessern.<br />
Wenn ich mich nun hier auf die regionalen Flankierungsaspekte<br />
konzentriert habe, so bedeutet das nicht<br />
— das will ich unterstreichen — , daß nicht auch über<br />
soziale Maßnahmen nachgedacht wird. Es ist aber so,<br />
daß zivile Arbeitnehmer bei den Streitkräften im Falle<br />
einer Entlassung nicht in ein Vakuum fallen, sondern<br />
durch tarifvertragliche Regelungen oder durch die Instrumente<br />
des Arbeitsförderungsgesetzes weitgehend