33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2595<br />
Vizepräsident Hans Klein<br />
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:<br />
Fragestunde<br />
— Drucksache 12/766 —<br />
Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des<br />
Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung<br />
der Fragen ist Herr Staatsminister Helmut Schäfer erschienen.<br />
Wir kommen zuerst zu den Dringlichen Fragen,<br />
Drucksache 12/799.<br />
Ich rufe die Dringliche Frage 1 des Abgeordneten<br />
Dr. Klaus Kübler auf:<br />
Treffen Meldungen zu, daß die Regierung von Kuwait Iraker,<br />
die in Kuwait leben, in den Irak zwangsdeportiert, und sind der<br />
Bundesregierung weitere Zwangsdeportationen bekannt?<br />
Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.<br />
Helmut Schäfer, Staatsminister im Auswärtigen<br />
Amt: Herr Kollege! Kuwaitische Sicherheitskräfte haben<br />
in der vergangenen Woche in einer Abschiebeaktion<br />
130 Personen, größtenteils irakischer Nationalität,<br />
aus Kuwait in den südlichen Irak verbracht. Viele<br />
von ihnen wurden gegen ihren Willen aus Kuwait<br />
abgeschoben.<br />
Nachdem das Internationale Rote Kreuz und die<br />
westlichen Botschafter einschließlich des deutschen<br />
Botschafters scharfen Protest bei der kuwaitischen Regierung<br />
eingelegt hatten, ist es zu keinen weiteren<br />
Abschiebungen mehr gekommen.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Eine Zusatzfrage Kollege<br />
Dr. Kübler.<br />
Dr. Klaus Kübler (SPD) : Nach Zeitungsmeldungen<br />
haben UN-Beobachter diesen Vorgang verfolgt. Teilt<br />
die Bundesregierung die Auffassung, daß die UN-<br />
Beobachter hätten einschreiten und den Versuch unternehmen<br />
müssen — natürlich ohne Gewaltanwendung<br />
— , die Zwangsdeportationen nicht unter den<br />
Augen der UNO — ich will das bewußt so politisch<br />
formulieren — stattfinden zu lassen?<br />
Helmut Schäfer, Staatsminister: Herr Kollege, ich<br />
kann diese Frage aus der Sicht der Bundesregierung<br />
nicht beantworten, weil ich der Meinung bin, daß wir<br />
hier schlecht berurteilen können, in welchem Zusammenhang<br />
UN-Beobachter hätten eingreifen können<br />
oder nicht.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Eine zweite Zusatzfrage,<br />
Kollege Dr. Kübler.<br />
Dr. Klaus Kübler (SPD): Sind der Bundesregierung<br />
vor diesem Vorfall Zwangsdeportationen bekannt gewesen,<br />
und, falls ja, hat sie dagegen interveniert?<br />
Helmut Schäfer, Staatsminister: Ich kann mich bei<br />
Ihrer Frage nur auf die Zwangsdeportationen beziehen,<br />
die uns bekannt geworden sind. Wir haben, wie<br />
ich Ihnen bereits gesagt habe, sofort reagiert. Ich kann<br />
mich aber nicht auf Vermutungen über andere Deportationen<br />
einlassen. Wir wußten von anderen Menschenrechtsverletzungen,<br />
über die ich bei der Beantwortung<br />
Ihrer zweiten Anfrage gleich berichten<br />
kann.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Eine Zusatzfrage, Frau<br />
Kollegin Ganseforth.<br />
Monika Ganseforth (SPD): Herr Staatsminister, die<br />
Iraker sind abgeschoben worden. Haben eigentlich<br />
die Palästinenser die Möglichkeit auszureisen?<br />
Helmut Schäfer, Staatsminister: Frau Kollegin, hier<br />
geht es um Abschiebungen, die durch Maßnahmen<br />
der kuwaitischen Regierung zwangsweise erfolgt<br />
sind. Ihre Frage bezieht sich jetzt auf die Möglichkeit<br />
der Ausreise von Palästinensern. Das ist meiner Ansicht<br />
nach zwar kein identischer Sachzusammenhang,<br />
aber Palästinenser können, soviel mir bekannt ist, aus<br />
Kuwait ausreisen.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Keine weiteren Zusatzfragen.<br />
— Dann rufe ich die Dringliche Frage 2 des<br />
Kollegen Dr. Kübler auf:<br />
Wird die Bundesregierung, die zur Befreiung Kuwaits weit<br />
über 17 Milliarden DM zur Verfügung gestellt hat, die massiven<br />
und massenhaften Menschenrechtsverletzungen der kuwaitischen<br />
Regierung (willkürliche Inhaftierungen von Tausenden<br />
von Palästinensern, Ermordung von Hunderten von Palästinensern<br />
seit Februar dieses Jahres, Folterungen, Zwangsdeportationen<br />
von Irakern, Ausreiseverbote für ausreisewillige Jordanier,<br />
Sudanesen, Jemeniten, Unrechtsurteile) vor der UNO und mit<br />
den USA zur Sprache bringen mit dem Ziel, daß seitens der<br />
UNO, aber auch der USA, Maßnahmen ergriffen werden, die die<br />
kuwaitische Regierung veranlassen, diese Menschenrechtsverletzungen<br />
sofort einzustellen?<br />
Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.<br />
Helmut Schäfer, Staatsminister: Kollege Kübler, bereits<br />
am 28. April 1991 bei dem informellen Treffen<br />
der EG-Außenminister in Mondorf les Bains in Luxemburg<br />
hat Bundesminister Genscher die Lage der<br />
Menschenrechte in Kuwait zum Gegenstand der Erörterung<br />
im Kreise seiner europäischen Kollegen gemacht.<br />
Die Initiative mündete in eine gemeinsame<br />
Demarche, bei der die Zwölf der kuwaitischen Regierung<br />
ihre Besorgnis über die Lage der Menschenrechte<br />
in Kuwait deutlich machten.<br />
(Unruhe bei der FDP)<br />
— Herr Präsident, wenn auch die FDP-Fraktion diesen<br />
Ausführungen folgen könnte, wäre ich als FDP-Angehöriger<br />
ganz dankbar. Das ist ein Menschenrechtsproblem,<br />
das doch eine wichtige Rolle spielt.<br />
Vizepräsident Hans Klein: Herr Staatsminister, ich<br />
greife diesen Hinweis auf. Meine Damen und Herren<br />
von der FDP, in der ersten Reihe findet bei Ihnen in<br />
der Tat eine Konferenz statt. Wenn Sie diese vielleicht<br />
verlegen oder unterbrechen könnten, damit der<br />
Staatsminister durchdringt.<br />
Helmut Schäfer, Staatsminister: Ich selbst habe anläßlich<br />
der <strong>Sitzung</strong> der Außenminister des Golfkooperationsrates<br />
und der Europäischen Gemeinschaft am<br />
11. Mai in Luxemburg unseren Standpunkt zu den<br />
Menschenrechtsverletzungen in Kuwait deutlich gemacht.<br />
Auf Weisung von Bundesminister Genscher wurde<br />
außerdem der kuwaitische Botschafter erstmals am<br />
30. April 1991 und dann wieder nach den Berichten<br />
über die Verhängung von Todesstrafen in Kuwait am<br />
17. Juni, also vorgestern, ins Auswärtige Amt einbestellt.<br />
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes trug