33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2631<br />
Arne Fuhrmann<br />
Debatte — , sie zeigt aber sehr deutlich, wie wenig<br />
sensibel und überlegt der Bundesumweltminister das<br />
Risiko einer Eskalation vor Ort in Kauf nahm und nach<br />
der Hauruckmethode ohne Rücksicht auf die explosive<br />
Stimmung<br />
(Dr. Paul Laufs [CDU/CSU]: Wer hat die<br />
denn geschaffen?)<br />
und die zu diesem Zeitpunkt erheblich gestörten Umfeldbedingungen<br />
in Gorleben reagiert hat.<br />
Ich würde mir wünschen, daß mehr verantwortliche<br />
Politiker den Mut hätten, gelegentlich gegen den Stachel<br />
zu löcken und so, wie Frau Griefahn das getan<br />
hat, mit Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen<br />
(Dr. Paul Laufs [CDU/CSU]: Es ist unerhört,<br />
was Sie sagen!)<br />
auf die berechtigten Wünsche und Hoffnungen der<br />
Menschen einzugehen.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
(Beifall bei der SPD und der PDS/Linke Liste<br />
— Dr. Paul Laufs [CDU/CSU]: Anschlag auf<br />
den Rechtsstaat!)<br />
Vizepräsident Helmuth Becker: Das Wort hat nunmehr<br />
der Abgeordnete Dr. Karl-Hans Laermann.<br />
Dr.-ing. Karl-Hans Laermann (FDP): Herr Präsident!<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist<br />
schon erstaunlich, wie man die Tatsachen verdrehen<br />
kann und wie man in einer solchen Diskussion, wo<br />
Sachlichkeit sicher angebracht wäre, nur noch in Polemik<br />
macht.<br />
(Beifall des Abg. Günther F riedrich Nolting<br />
[FDP] — Dr. Paul Laufs [CDU/CSU]: Wie<br />
wahr!)<br />
Ich möchte von einer Prämisse ausgehen. Alle<br />
— diejenigen, die für Kernenergie sind, und vor allen<br />
Dingen die, die gegen Kernenergie sind — müßten<br />
ein ausgesprochenes Interesse haben, dafür zu sorgen,<br />
daß die Entsorgungsmöglichkeiten endlich realisiert<br />
werden.<br />
(Zuruf von der PDS/Linke Liste)<br />
— Wo wollen Sie denn hin mit Ihrem Schrott aus<br />
Greifswald? Das waren doch Sie, die das -<br />
Ding da<br />
gebaut haben. Das wäre ja noch in Bet rieb, wenn die<br />
SED weiter am Ruder geblieben wäre.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
Es steht doch wohl außer Zweifel, daß der radioaktive<br />
Abfall in Mol, der aus der Bundesrepublik<br />
stammt, wieder zur ordnungsgemäßen Entsorgung<br />
und Endlagerung zurückgenommen werden muß. Ich<br />
kann mir nicht vorstellen, daß irgend jemand daran<br />
Zweifel hat.<br />
Die Umstände, unter denen der Abfall nach Mol<br />
transportiert wurde, sind u. a. auch in dem Untersuchungsausschuß<br />
Transnuklear-Skandal untersucht<br />
und weitgehend oder, sagen wir, hinlänglich aufgeklärt<br />
worden.<br />
(Harald B. Schäfer [Offenburg] [SPD]: Dem<br />
Versuch einer Aufklärung unterworfen wor<br />
den!)<br />
Ich hoffe, wir sind uns darin einig, daß es keinen<br />
Müllexport geben darf.<br />
(Harald B. Schäfer [Offenburg] [SPD]: Das<br />
machen wir doch! Gerade Atommüll!)<br />
— Wo? Sie wollen das doch jetzt mit Ihrer Weigerung,<br />
den wieder zurückzunehmen.<br />
(Dietmar Schütz [SPD]: Nein, Herr Kollege<br />
Laermann, der Bundesumweltminister will<br />
es, egal wo es herkommt!)<br />
Deswegen, denke ich, ist die Bundesrepublik verpflichtet,<br />
den aus der Bundesrepublik stammenden<br />
Müll aus Mol auch wieder zurückzunehmen und hier<br />
zu entsorgen.<br />
(Dietmar Schütz [SPD]: Das ist sehr rich<br />
tig!)<br />
Ich füge mit gleichem Nachdruck hinzu, daß wir auch<br />
keinen Müllimport wollen. Auch dies ist eine klare<br />
Position der Bundesregierung. Ich glaube, daran<br />
brauchen wir nicht zu zweifeln.<br />
Daß niemand in Parlament und Regierung, auch<br />
nicht die niedersächsische Landesregierung, Belgien<br />
zumutet, Müll aus der Bundesrepublik zu lagern,<br />
dürfte doch wohl einmütige Auffassung sein. Ich kann<br />
mir nicht vorstellen, daß es jemand hier im Hause und<br />
in der Bundesrepublik gibt, der Belgien zumutet, die<br />
Entsorgung des Mülls, der zweifelsfrei aus unserem<br />
Land gekommen ist, zu übernehmen. Das kann doch<br />
wohl niemand wollen. Dazu müssen Sie hier Stellung<br />
nehmen.<br />
(Dietmar Schütz [SPD]: Leider können wir<br />
das nicht!)<br />
Es wäre auch schon interessant zu erfahren, was das<br />
niedersächsische Ministerium für Umwelt bewogen<br />
hat, die Herkunft des atomaren Abfalls auf bloße Vermutungen<br />
hin — Herr Kollege, auf bloße Vermutungen<br />
hin! — zu bezweifeln, obwohl deren Ursprungsherkunft<br />
durch verschiedene unabhängige Überwachungsinstitutionen<br />
zweifelsfrei festgestellt wurde.<br />
(Arne Fuhrmann [SPD]: Wenn! Sie ist aber<br />
nicht zweifelsfrei festgestellt!)<br />
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Es handelt sich<br />
dabei nicht um hochradioaktiven Müll —<br />
(Arne Fuhrmann [SPD]: Spielt doch keine<br />
Rolle!)<br />
auch den Eindruck dürfen wir in der Öffentlichkeit<br />
nicht erwecken — , sondern um rund 4 000 kg preßbarer<br />
Mischabfälle. In den Containern sind Putzwolle,<br />
Putzlappen, Kleidungsstücke, schwach radioaktiv belastet,<br />
aus den Einrichtungen und etwa 2 500 kg Glaswolle,<br />
die bei Umbauarbeiten in einem Kernkraftwerk<br />
in der Bundesrepublik angefallen sind.<br />
Es wäre geradezu grotesk, wenn das niedersächsische<br />
Ministerium für Umwelt die Verbringung der<br />
Container in das Zwischenlager Gorleben etwa nur