33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2661<br />
Georg Brunnhuber<br />
und andererseits die praktischen Auswirkungen, die<br />
ein Vergabegesetz hätte.<br />
Bei einem Vergabegesetz hat, wie schon erwähnt,<br />
jeder abgewiesene Bieter die Möglichkeit, durch<br />
Wahrnehmung seines subjektiven Rechtes den Verwaltungsrechtsweg<br />
zu beschreiten und damit überlange<br />
gerichtliche Verfahren einzuleiten, die so weit<br />
gehen könnten, daß die Aussetzung des Vergabeverfahrens<br />
bis zur endgültigen Entscheidung notwendig<br />
wäre. Dies hätte, worauf Frau Iwersen zu Recht hingewiesen<br />
hat, unübersehbare Blockadewirkungen<br />
zur Folge und würde sich darüber hinaus äußerst investitionshemmend<br />
auswirken.<br />
(Manfred Carstens [Emstek] [CDU/CSU]:<br />
Sehr wahr! — Zurufe von der CDU/CSU:<br />
Sehr gut!)<br />
Für den Aufbau in den neuen Bundesländern wäre<br />
dies verheerend und verhängnisvoll.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der<br />
SPD)<br />
Man muß sich hier auch fragen: Was macht es für<br />
einen Sinn, daß die Regierung derzeit Überlegungen<br />
anstellt, wie man das Planungsverfahren beschleunigt,<br />
wenn nachher bei der Ausschreibung eine Baustelle<br />
nicht begonnen werden kann, weil durch die<br />
Wahrnehmung subjektiven Rechtes eines Bieters bei<br />
gerichtlichen Verfahren die Baumaßnahme Monate<br />
verzögert würde und das, was durch eine schnellere<br />
Planung an Zeit eingespart wurde, durch das EG-Vergabegesetz<br />
verlorenginge?<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Die CDU/CSU-Fraktion ist deshalb der Meinung,<br />
daß schon aus diesem Grund die Regierung in Brüssel<br />
mit Vehemenz gegen dieses Vergabegesetz vorgehen<br />
muß.<br />
(Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)<br />
Der für die mittelständische Indust rie verhängnisvollste<br />
Aspekt bei der Einführung dieses Vergabegesetzes<br />
wäre die zukünftige Ausschreibungspraxis.<br />
Nach der VOB ist vorgesehen, daß getrennte Ausschreibungen<br />
und die Vergabe von Bauaufträgen<br />
nach Fachlosen und Gewerken zu erfolgen haben,<br />
dies ganz besonders, um mittelständischen Baubetrieben<br />
Marktchancen zu eröffnen. Eine Mehrzahl von<br />
Ausschreibungen für eine Baumaßnahme würde das<br />
Prozeßrisiko durch Klagen nicht berücksichtigter Bieter<br />
deutlich erhöhen. Um das Prozeßrisiko zu minimieren,<br />
würden die vergebenden und ausschreibenden<br />
Stellen dazu übergehen, ganze Bauwerke nur<br />
-<br />
noch an<br />
Generalunternehmer auszuschreiben, was den Kreis<br />
der konkurrierenden Firmen deutlich verringern<br />
würde. Viele kleine und mittlere Bet riebe könnten<br />
dann allenfalls nur noch als Unterauftragnehmer beschäftigt<br />
werden. Dadurch würde ein Konzentrationsprozeß<br />
in Gang kommen, der gerade die mittelständische<br />
Wirtschaftsstruktur in der Baubranche stark beeinträchtigen<br />
würde. Dies kann auch nicht im Interesse<br />
der Europäischen Gemeinschaft sein.<br />
Auch das Wirtschaftsministerium der Bundesrepublik<br />
Deutschland ist aus den oben genannten Gründen<br />
dazu herausgefordert, mit Engagement, Sachkunde<br />
und den vorhandenen guten rechtlichen Argu<br />
menten, wie wir gehört haben, in Brüssel ein Vergabegesetz<br />
zu verhindern.<br />
Alle diese Gesichtspunkte haben den Ausschuß für<br />
Raumordnung, Bauwesen und Städtebau bewogen,<br />
dem <strong>Bundestag</strong> zu empfehlen, für eine Lösung im<br />
Rahmen unseres bewährten Systems der VOB und der<br />
VOL einzutreten.<br />
Der Deutsche <strong>Bundestag</strong> sollte diese Empfehlung<br />
nicht nur deshalb annehmen, um zu verhindern, daß<br />
eine übermächtige europäische Bürokratie alles erdrückt<br />
und daß die mittelständische Bauwirtschaft<br />
das Nachsehen hätte, sondern es geht hier auch um<br />
das Selbstverständnis dieses Parlaments, das bei der<br />
Schaffung des EG-Gemeinschaftsrechts und der Umsetzung<br />
europäischer Vorstellungen ohnehin schon<br />
fast auf eine Zuschauerrolle reduziert ist.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)<br />
Europa braucht das wache Auge des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es.<br />
Wir fordern die Bundesregierung auf, alles<br />
zu tun, um in Brüssel eine ordnungsgemäße, in unserem<br />
Sinn ausgestaltete Lösung zu erzielen.<br />
Vielen Dank.<br />
(Beifall bei der FDP und der SPD)<br />
Vizepräsident Hans Klein: Ich schließe die Aussprache.<br />
Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf<br />
Drucksache 12/770 an die in der Tagesordnung genannten<br />
Ausschüsse zu überweisen. Der EG-Ausschuß<br />
erhält die Vorlage zur Mitberatung nach seiner<br />
Konstituierung. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge?<br />
— Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung<br />
so beschlossen.<br />
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:<br />
Beratung des Antrags der Abgeordneten Claudia<br />
Nolte, Dr. Maria Böhmer, Monika Brudlewsky,<br />
weiterer Abgeordneter und der Fraktion<br />
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten<br />
Dr. Margret Funke-Schmitt-Rink, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,<br />
Dr. Eva Pohl, weiterer<br />
Abgeordneter und der Fraktion der FDP<br />
Fristverlängerung zur Antragstellung auf Aufhebung<br />
von Zwangsadoptionen<br />
— Drucksache 12/763 —<br />
Überweisungsvorschlag:<br />
Rechtsausschuß (federführend)<br />
Ausschuß für Familie und Senioren<br />
Ausschuß für Frauen und Jugend<br />
Interfraktionell gibt es eine Einigung, daß die Beiträge<br />
zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll gegeben<br />
werden. — Dazu sehe ich auch keinen Widerspruch.<br />
Dann ist das so beschlossen *)<br />
Interfraktionell wird ebenfalls vorgeschlagen, die<br />
Vorlage auf Drucksache 12/763 an die in der Tagesordnung<br />
genannten Ausschüsse zu überweisen. Besteht<br />
damit Einverständnis, oder gibt es andere Vorschläge?<br />
— Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung<br />
so beschlossen.<br />
*) Anlage 6