33. Sitzung - Deutscher Bundestag
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2580 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991<br />
Dr. Herta Däubler-Gmelin<br />
Das eignet sich als Beispiel gegen mehr direkte Demokratie<br />
in unserem Lande also nicht.<br />
(Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie<br />
schulmeistern Carlo Schmid! Den sollten Sie<br />
mal lesen!)<br />
— Nein, ich schulmeistere Carlo Schmid nicht,<br />
(Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Der<br />
dreht sich im Grab herum, wenn er Sie<br />
hört!)<br />
aber ich habe gerade etwas zu Theodor Heuss gesagt,<br />
Herr Kollege Gerster. Wenn Sie sich nur einmal ernsthaft<br />
mit diesen Fragen befassen wollten, dann könnten<br />
wir einmal ernsthaft in die Diskussion eintreten.<br />
Aber Sie sollten sich vorher informieren.<br />
(Detlev von Larcher [SPD]: Information<br />
macht ja einfache Antworten unmöglich!)<br />
Ich finde bedauerlich, daß diese Diskussion von Ihnen<br />
bisher versperrt wird. Ich teile, ich unterstütze die<br />
Haltung des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts,<br />
Professor Herzog, der immer wieder zu Recht<br />
mahnt, wir Parlamentarier sollten schnell das Signal<br />
für mehr Mitbestimmung der Menschen, der Bürgerinnen<br />
und Bürger, auch auf Bundesebene, geben,<br />
damit wir uns dann den sehr viel schwierigeren Einzelfragen<br />
zuwenden können, wie das gehen soll, wo<br />
wir die Grenzen ziehen, wie also unser parlamentarisch-repräsentatives<br />
System sinnvoll ergänzt werden<br />
kann; denn das ist es ja, was wir ja wollen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, auch jetzt<br />
noch, sozusagen in letzter Sekunde, Ihre Haltung zu<br />
überprüfen, die ja falsch ist, und sie zu ändern. Stimmen<br />
Sie unseren Vorschlägen zu und überwinden Sie<br />
Ihr Mißtrauen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern!<br />
Widerlegen Sie damit vor allen Dingen den Vorwurf,<br />
der immer stärker zu hören ist, den Vorwurf, die<br />
Arroganz der Mächtigen hindere Sie am Dazulernen.<br />
(Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]:<br />
Nein, der Populismus Ihrer Art schreckt sie<br />
ab, Frau Kollegin! — Widerspruch bei der<br />
SPD)<br />
— Meine Damen und Herren, wir werden, damit auch<br />
Herr Gerster irgendwann einmal lernt, daß er sich mit<br />
diesen Fragen ernsthaft auseinandersetzen muß, eine<br />
namentliche Abstimmung zu dieser Frage beantragen.<br />
Danke schön.<br />
(Anhaltender Beifall bei der SPD — Beifall<br />
beim Bündnis 90/GRÜNE sowie bei - Abge<br />
ordneten der PDS/Linke Liste)<br />
Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg: Nun erteile<br />
ich dem Abgeordneten Geis das Wort.<br />
Norbert Geis (CDU/CSU) : Sehr geehrter Herr Präsident!<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir<br />
haben keine Angst vor der Entscheidung des Volkes<br />
und brauchen auch keine Angst davor zu haben.<br />
(Zuruf von der SPD: Natürlich haben Sie<br />
das!)<br />
Wir, die Koalitionsparteien, sind bei den letzten<br />
Wahlen mit einer eindeutigen Mehrheit wiedergewählt<br />
worden.<br />
(Dr. Uwe Küster [SPD]: Wie haben Sie das<br />
denn gemacht?)<br />
Wir brauchen keine Angst zu haben, uns dem Wähler<br />
zu stellen.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Ich möchte einmal wissen, Frau Däubler-Gmelin<br />
was, wenn wir morgen hier im Parlament und in der<br />
nächsten Woche im Bundesrat eine Entscheidung für<br />
oder gegen Berlin mit allen Variationen treffen, dann<br />
eigentlich der Volksentscheid noch soll. Ist dies nicht<br />
ein Präjudiz? Sie müßten konsequenterweise eigentlich<br />
sagen: Wir müssen die Entscheidung, die für morgen<br />
und für die nächste Woche vorgesehen ist, absetzen<br />
und müssen erst das Volk entscheiden lassen.<br />
(Uwe Lambinus [SPD]: Das ist doch völlig<br />
falsch! — Weiterer Zuruf von der SPD: Sie<br />
haben es nicht beg riffen!)<br />
Denn sonst könnte das auf eine Bevormundung des<br />
Volkes hinauslaufen.<br />
In Wirklichkeit will die SPD mit diesem Antrag aus<br />
ihrer Hopplahopp-Entscheidung des letzten Parteitages,<br />
die ja knapp genug ausgefallen ist, ausbrechen.<br />
Sie will aus diesem Dilemma heraus. Aus dieser kläglichen,<br />
unvorbereiteten<br />
(Zuruf von der SPD: So ein Quatsch!)<br />
und nicht lang und ausgiebig genug geführten Diskussion<br />
heraus will sie jetzt den Versuch unternehmen,<br />
über das Volk zur Entscheidung zu kommen.<br />
Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg: Herr Abgeordneter<br />
Geis, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?<br />
Norbert Geis (CDU/CSU): Er möchte mich eine Sekunde<br />
reden lassen.<br />
Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg: Das ist in<br />
Ordnung.<br />
Norbert Geis (CDU/CSU) : Ich bitte Sie, mich mit<br />
meinen Ausführungen erst einmal beginnen zu lassen.<br />
Herr Meyer, Sie sind ein sehr lieber Kollege. Ich<br />
bitte Sie, lassen Sie mich erst einmal kurz reden. Sie<br />
wissen ja noch gar nicht, was ich im einzelnen sagen<br />
will.<br />
(Widerspruch bei der SPD)<br />
Sie wollen aus der kläglichen Entscheidung Ihres<br />
Parteitages herausfinden. Aber Sie appellieren nicht<br />
etwa an eine verantwortungsvolle Entscheidung im<br />
Parlament oder im Bundesrat. So wie Sie Ihre eigene<br />
Partei und Ihren eigenen Parteitag verstehen, kommen<br />
nach dem Parteitag nicht etwa die Institutionen,<br />
die dafür vorgesehen sind; nach dem Parteitag hat<br />
gefälligst das Volk selbst zu kommen. Der Souverän<br />
selbst hat zu entscheiden; denn alles andere ist Ihnen<br />
viel zuwenig. Das ist der eigentliche Grund, weshalb<br />
Sie jetzt von uns verlangen, wir sollten dieses Spiel-