21.01.2014 Aufrufe

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

33. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 12. Wahlperiode — <strong>33.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Bonn, Mittwoch, den 19. Juni 1991 2651<br />

Dr. Dagmar Enkelmann<br />

gesprochen. Ich habe mich ansonsten zu dem „Eingabenunwesen"<br />

in der DDR geäußert, und das sollte<br />

genügen.<br />

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Wenn Sie<br />

hier moralisieren, sollten Sie auch darauf zu<br />

rückkommen!)<br />

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster hat das<br />

Wort die Abgeordnete Gertrud Dempwolf.<br />

Gertrud Dempwolf (CDU/CSU): Frau Präsidentin!<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie sehr<br />

die Bundesregierung den Petitionsausschuß ernst<br />

nimmt, ersehen wir heute an der gut gefüllten Regierungsbank.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />

Und wenn ich sehe, daß bis vor einer Minute — Kollege<br />

Grünewald geht gerade — zwei Mitglieder des<br />

Petitionsausschusses hier zwei Stunden auf der Regierungsbank<br />

gesessen haben, dann kann ich nur sagen:<br />

Das ist für uns sehr erfreulich, und: Meine Damen und<br />

Herren der Koalition, lassen Sie uns im Petitionsausschuß<br />

weiterarbeiten; der Weg ist nicht so sehr<br />

weit.<br />

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der<br />

FDP und der SPD — Günther Friedrich Nol<br />

ting [FDP]: Da braucht die SPD gar nicht zu<br />

klatschen! Da kommt ihr nie hin! — Gegen<br />

ruf des Abg. Bernd Reuter [SPD]: Ihr wollt<br />

immer dabei sein!)<br />

Über die große Anzahl von Eingaben an den Petitionsausschuß<br />

möchte ich jetzt nicht mehr im einzelnen<br />

sprechen, aber vielleicht nur noch ein Bild: Wenn<br />

wir heute täglich 160 Eingaben an den Petitionsausschuß<br />

bekommen, dann sehen wir, wie weise die Verfasser<br />

unseres Grundgesetzes gehandelt haben, als<br />

sie das Petitionsrecht der Bürger in Art. 17 verankerten.<br />

Wie sehr politisches Handeln in das Leben hineinreicht,<br />

sehen wir auch an den Eingaben an den<br />

Petitionsausschuß.<br />

Wir beklagen darum auch nicht, daß die Anzahl der<br />

Petitionen weiterhin zugenommen hat. Es ist gut zu<br />

sehen, daß unsere Bürger um ihr Recht wissen und<br />

davon selbstverständlich Gebrauch machen. Sie wissen<br />

auch, daß sie nicht Bittsteller sind, sondern daß sie<br />

ein selbstverständliches Recht in Anspruch nehmen.<br />

So erfahren wir Abgeordnete des Petitonsausschusses<br />

täglich auf beeindruckende Weise, wo den -Bürger der<br />

Schuh drückt. Die Petitionen zeigen uns die Lücken,<br />

die wir im Gesetz noch zu schließen haben.<br />

Ohne die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

des Ausschußdienstes aber könnten wir diese<br />

schwierige Arbeit nicht leisten. Darum möchte ich von<br />

dieser Stelle aus dem Ausschußdienst und dem Büro<br />

ganz herzlich danken.<br />

(Beifall im ganzen Hause)<br />

Wieder einmal betrafen 26 % der Eingaben den Geschäftsbereich<br />

des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung.<br />

Helfen konnte der Petitionsausschuß<br />

zum Beispiel einem Petenten, dessen Antrag auf Er<br />

werbsunfähigkeitsrente von der Bundesversicherungsanstalt<br />

für Angestellte mit der Begründung abgelehnt<br />

worden war, daß die erforderlichen Beitragszeiten<br />

nicht erfüllt seien. Der Ausschuß hat sich ausführlich<br />

mit dieser Petition befaßt. Wir konnten nachweisen,<br />

daß eine Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit<br />

nicht angerechnet wurde. Dennoch verweigerte die<br />

BfA zunächst die Rentenzahlung, weil dem Petenten<br />

Rehabilitationsmaßnahmen bewilligt worden waren,<br />

er aber die Durchführung ablehnte. Der Ausschuß ließ<br />

nicht locker und veranlaßte eine nochmalige Überprüfung,<br />

bis schließlich die BfA auf die Durchführung der<br />

Rehabilitationsmaßnahmen verzichtete und dem Petenten<br />

die Erwerbsunfähigkeitsrente zubilligte. Der<br />

Nachzahlungsbetrag war_ eine fünfstellige Zahl. Ich<br />

meine, auch das ist eine Hilfe im Einzelfall.<br />

Ich möchte hervorheben, daß der Petitionsausschuß<br />

nicht nur der vielzitierte Kummerkasten der Nation<br />

ist, sondern daß wir uns alle gemeinsam in erster Linie<br />

als Anwalt der Bürger verstehen.<br />

(Beifall im ganzen Hause)<br />

Wenn es auch im Ausschuß unterschiedliche Meinungen<br />

gibt und das im Einzelfall zu heftigen Sachauseinandersetzungen<br />

führt, so suchen wir doch immer einen<br />

vernünftigen gemeinsamen Weg, um dem Petenten<br />

bei seinem Anliegen zu helfen. Ich erinnere hier<br />

noch einmal an den Fall der Schädigung durch Dioxin,<br />

den wir so gut zum Abschluß gebracht haben. Da muß<br />

ich sagen: Herr Peter, Sie hatten da sehr lange die<br />

richtige Nase.<br />

(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der<br />

SPD)<br />

Er ließ nicht locker, und er hat mich dann auch immer<br />

wieder überzeugt.<br />

(Horst Peter [Kassel] [SPD]: Das war die so<br />

genannte Dioxinnase!)<br />

Es gibt sehr viele Petitionen, die wir zu einem guten<br />

Abschluß gebracht haben. Über Erfolge spricht man<br />

zwar gerne, aber es liegt mir sehr am Herzen, eine<br />

Petition zu erwähnen, die uns im letzten Jahr erreichte<br />

und die wir noch nicht abgeschlossen haben. Sie betrifft<br />

den Geschäftsbereich des Bundesministers der<br />

Justiz und bezieht sich auf die Geltendmachung eines<br />

Schadensersatzanspruches. Es geht um einen Petenten,<br />

der im Jahre 1949 am Kopf operiert wurde. Nach<br />

dieser Operation stellte sich ein Anfallsleiden mit<br />

Schwerstbehinderung ein. Erst 1986 konnte auf<br />

Grund von medizinischen Untersuchungen ein ärztlicher<br />

Fehler, eine bei der Operation vergessene Tamponade<br />

— versteinert — , aufgedeckt werden. Es ist zu<br />

spät, um Schadensersatzansprüche zu stellen; denn<br />

die Verjährung trat 30 Jahre nach der Operation, also<br />

bereits 1979, ein.<br />

( V o r s i t z : Vizepräsident Hans Klein)<br />

Es fällt mir sehr schwer, diesen Fall zu akzeptieren.<br />

Daß die Verjährungsfrist auch dann gilt, wenn der<br />

Verletzte keine Kenntnis von der schädigenden<br />

Handlung hatte und deswegen keinen Schadensersatzanspruch<br />

stellen konnte, läßt mich nicht ruhen.<br />

Wegen der Tragik dieses Falles bemüht sich der Petitionsausschuß<br />

auf allen nur möglichen Wegen, wenigstens<br />

eine finanzielle Unterstützung für den Petenten

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!