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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Am Deutschlandsender produzierte damals als Regisseur Gerd Fricke, der seit 1924<br />

schon in Frankfurt am Mikrophon gestanden hatte. Auch er war ein Freund deftiger,<br />

handlungsreicher Stoffe, die ebensogut Filme hätten werden können. Neben vielen<br />

Romanbearbeitungen nach Manfred Hausmann, Ludwig Tügel, Knut Hamsun und<br />

anderen, die große Publikumserfolge wurden, gelang es ihm, zwei namhaften Hörspielen<br />

zum Durchbruch zu verhelfen, nämlich Josef Martin Bauers Totem Herz und Hans Rothes<br />

später als Universalstoff für Film, Theater und Roman herabgewertetem Hörspiel<br />

Verwehte Spuren, das sich noch heute als brauchbare Unterhaltungssendung erweist.<br />

Das Hörspiel war zwar nun aus der Zeit groben, dilletantisch-lärmvollen Experimentierens<br />

heraus, es war in gewisser Weise saturiert, weil Dramaturgen und Regisseure ihrer Sache<br />

einigermaßen sicher zu sein glaubten. Aber seine Existenzform war gerade darum noch<br />

nicht entschieden, es zeigte umso deutlicher seine Ambivalenz zwischen Literatur und<br />

einer Gebrauchskunst, die ohne Prätention alle Mittel, auch filmische und theatralische,<br />

wirkungsvoll einsetzte. Der Situation entsprach damals organisatorisch, innerhalb der<br />

Funkhäuser, meist auch eine erbitterte Rivalität zwischen den Hörspielabteilungen, an<br />

deren Spitze im allgemeinen ein Theatermann, ein Regisseur oder Schauspieler stand,<br />

und den Literarischen Abteilungen, die an der Hörspielentwicklung auf ihre Weise<br />

teilnehmen wollten.<br />

Daß das Hörspiel im Kraftfeld zwischen Literatur und Theater heranwuchs, war ihm sehr<br />

heilsam. Von den Theaterpraktikern bezog es den Willen zu vitaler Wirkung in die Breite,<br />

von der Literatur die leidenschaftliche Bemühung um Form und Niveau. So kam es der<br />

Entwicklung sehr zugute, daß eine eindeutige Entscheidung zugunsten einer der beiden<br />

Linien nicht erfolgte, auf jeden Fall nicht zu frühzeitig – etwa, wie sich heute das<br />

Fernsehspiel bereits gegen die Literatur und für das Theater entschieden zu haben<br />

scheint; wobei dann auch gleich der Kampf zwischen den beiden Möglichkeiten des<br />

Theaters weitergeht – bis vielleicht, um des großen Publikums willen, dem<br />

Boulevardtheater der Sieg überlassen wird. Nur bei Ernst Hardt in Köln – durch Männer<br />

wie Albert Ehrenstein und vor allem Eduard Reinacher – gewann manchmal das<br />

literarische Hörspiel schon ein leichtes Übergewicht. Bei den übrigen Sendern und<br />

generell erfolgte die Entscheidung zugunsten des Hörspiels als literarischer Gattung erst<br />

nach dem zweiten Weltkrieg.<br />

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