28.02.2014 Aufrufe

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

http://www.mediaculture-online.de<br />

dieser poetischen Reportagen verwendet, um von der Militärzensur Transportgeheimnisse<br />

sozusagen akustisch ausstreichen zu lassen. So wird man, mitten in der Faszination<br />

durch die elegante Beschreibung des technischen Wunders, immer wieder daran erinnert,<br />

daß Krieg stattfindet.<br />

Feature heißt bekanntlich Gesicht, Gesichtszug, und wird im Englischen und<br />

Amerikanischen in vielen übertragenen Bedeutungen gebraucht, deren Aufzählung zum<br />

Verständnis wenig beitragen würde. Sicher ist, daß es Vergleichbares – sieht man von<br />

den erwähnten Ansätzen um 1930 ab – in Deutschland nicht gab. Mit dem, was bei uns<br />

vor dem Krieg »Hörfolge« oder ähnlich hieß und was immer nahe bei den gemütvollen<br />

literarischen »Schatzkästlein«-Zusammenstellungen lag, hat die neue Sache nichts zu<br />

tun. Sie entspringt einer bei den Angelsachsen besonders entwickelten journalistischen<br />

Leidenschaft, Wirklichkeit – wie man mit verbrauchter, aber an dieser Stelle nicht<br />

unzutreffender Redensart sagt – »in den Griff zu bekommen«. Bei uns waren<br />

journalistische Wirklichkeitsfanatiker seit den zwanziger Jahren systematisch in Mißkredit<br />

gebracht worden, sie gehörten zu denen, die Goebbels »Journaille« nannte. Nun aber gab<br />

es dergleichen wieder: im Rundfunk – als Versuch, mit allen zu Gebote stehenden,<br />

epischen, szenischen oder Reportagemitteln, poetisch und journalistisch, illustrativ und<br />

demonstrativ einen Komplex aus Wirklichkeit aufzubauen.<br />

Dabei erwies sich, daß – obwohl es bei den Inhalten immer um Wirklichkeit geht – formal<br />

durchaus nicht unbedingt eine realistische Schreibweise vorherrschend sein muß. Der Stil<br />

hängt von der persönlichen Handschrift des Verfassers ab, war zum Beispiel bei Axel<br />

Eggebrecht trotz aller Vorliebe für das Fiktive und Utopische realistischer als etwa bei<br />

Zahn, der seine Texte gern mit phantasievollen persönlichen Beobachtungen wie mit<br />

kleinen Zwischenvignetten auflockerte. Am einfachsten und direktesten war damals<br />

Schnabel – dabei in der äußeren Struktur und im Zuschnitt am modernsten und legersten.<br />

Was man herkömmlich unter »Szene« verstand, das Verharren am »Schauplatz« und bei<br />

den einmal zur Sprache gebrachten Figuren, löste er fast bis zum Nichts auf; ein Cut war<br />

zu Ende, kaum daß er begonnen hatte. Man würde Schnabel für einen Schreiber von<br />

nervös-verspieltem Temperament halten, hätte man nicht später in seinen überwiegend<br />

epischen Features (Interview mit einem Stern, 1951, Großes Tamtam, 1952) das<br />

Gegenteil, seinen langen Atem, erlebt. Zu Anfang jedenfalls handhabte er diese<br />

211

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!