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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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deshalb selbst stofflich zu sein«. Es habe leibhaftige »Träger« oder »Vermittler«, die<br />

»Hörspieler«, werde aber im Durchgang durch den Apparat »entkörpert«, alles Stofflichen<br />

und Sichtbaren entkleidet.<br />

Schon aus diesem »Grundsatz« ergibt sich eine Fülle – vorerst negativer – Kennzeichen.<br />

Denn die Möglichkeit, durch direkte Schilderung, gar die eines »Ansagers«, »Erzählers«<br />

oder »Sprechers«, Szenarium oder Kostüm oder äußere Aktion oder sonstwie Stofflich-<br />

Sichtbares zu ersetzen, lehnt Kolb mit vortrefflichen Formulierungen ab:<br />

»Man kann auf der Bühne einen schwankenden Tuchfetzen für ein Stück Meer halten, und die<br />

Illusion bleibt den ganzen Akt hindurch, weil man ihn stets vor sich hat. Man kann aber nicht<br />

vom Hörer verlangen, daß er den Dialogen folgt und gleichzeitig die geschilderte Situation stets<br />

›vor Augen‹ habe. Die Vergegenwärtigung verwickelter oder aus vielen Einzelheiten<br />

zusammengesetzter Gegebenheiten ermüdet... Je mehr Spielraum für die Vorstellung von Ort,<br />

Zeit und den sonstigen äußeren Umständen dem Hörenden gelassen wird, desto weniger wird<br />

seine Phantasie beengt. Der Hörspieldichter darf nie vergessen, daß das Realistische im Funk,<br />

wie sehr er sich auch bemüht, es begreiflich zu machen, für uns nur schemenhaft bleibt. Alle<br />

unsere Anschauungen von der äußeren Handlung, von Ort, Zeit, Umwelt und Aussehen der<br />

Personen müssen vielmehr aus dem inneren Zusammenhang des Hörspiels hervorgehen, da<br />

wir nur auf diese Weise die richtige Vorstellung von den Dingen unbewußt, organisch und<br />

zwangsläufig, also mit müheloser Selbstverständlichkeit gewinnen können.«<br />

Was heißt das: »aus dem inneren Zusammenhang hervorgehen«? Offensichtlich kommt<br />

alles auf die Beantwortung dieser Frage an. Vorerst aber scheiden schon hier eine Reihe<br />

von Möglichkeiten für das Hörspiel aus: vor allem das Kostüm und damit die Historie. Auf<br />

der Bühne werden wir bei Kostümstücken durch unsere Augen immerfort an »die<br />

Gebundenheit der Figuren an eine andere Zeit« erinnert. Aber, so sagt Kolb, »im Funk<br />

werden die Menschen von einst Menschen unserer Zeit, und es entsteht dadurch ein<br />

Mißverhältnis zu ihren Anschauungen und ihrem Handeln. Die Wirkung ist ähnlich, wie<br />

wenn das Stück auf der Bühne in modernem Kostüm und in moderner Ausstattung<br />

aufgeführt würde.« (Wo diese Wirkung gewollt ist – etwa in Hans Kysers Hörspielen –, da<br />

ist Historie nicht eigentlich historisch und darum wieder möglich.)<br />

Kolb weist auch bereits darauf hin, daß das Hörspiel keine Situationskomik kenne. »Nicht<br />

der Mensch in Bewegung, sondern die Bewegung im Menschen« werde dargestellt.<br />

Nun, das Verhältnis zwischen »außen« und »innen« im literarischen Werk ist stets höchst<br />

verwickelt. Daß die Spannung zwischen beidem auch im Hörspiel als wirksames<br />

Kunstmittel dienen kann, wird noch an vielfältigen weiteren Beispielen klar werden, wie es<br />

schon beim Inneren Monolog klar wurde. Wenn aber, wie in Dürrenmatts Hörspiel Die<br />

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