28.02.2014 Aufrufe

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

http://www.mediaculture-online.de<br />

Entsprechend haben wir in Deutschland mit der uns eigenen Konsequenz im Guten wie<br />

im Bösen die Entwicklung zur literarisch relevanten, rundfunkeigenen Form – zu den für<br />

die Bühne gestrichenen »Landschaften der Seele« – am entscheidendsten gefördert. Und<br />

wenn die Bemühung Erfolg hatte, so sind nicht bloß die Dichter dafür zu preisen, sondern<br />

auch die Gesetzgeber – und ein wenig auch die Dramaturgen, die mit dem nötigen<br />

Taktgefühl ihre an sich nicht ungefährliche Macht gebrauchten, ohne sie zu mißbrauchen.<br />

Die »aktive Dramaturgie«, wie ich diesen Vorgang im Gegensatz zur passiven,<br />

vorwiegend aus Klassikerausgaben und Verlagsangeboten auswählenden Dramaturgie<br />

unserer Bühnen zu nennen vorschlug, ist nicht darum eine schwierige Sache, weil sie,<br />

außer einer Kenntnis des Instruments (die verhältnismäßig schnell erlernbar ist), auch die<br />

genaue Kenntnis des dichterischen Handwerkszeugs und poetische Phantasie<br />

voraussetzt, sondern diffizil ist dabei vor allem, daß für die Zusammenarbeit mit jedem<br />

<strong>Autor</strong> andere, eigene Methoden zu entwickeln sind, für die es meist noch keine Vorbilder<br />

gibt, und daß menschlich-psychologisches Feingefühl noch weitaus unerläßlicher ist als<br />

dramaturgisch-handwerkliches. Vom gemeinsamen Erfinden und ersten Ventilieren des<br />

»Stoffes« nach allen Richtungen und von konkreten konstruktiven Erwägungen<br />

angefangen, bis hin zur Zusammenarbeit am Werk selbst, gibt es ungezählte<br />

Möglichkeiten der Einwirkung im Gespräch – so viele, wie es Aspekte künstlerischer Form<br />

gibt. Doch die <strong>Autor</strong>en wünschen und vertragen Einmischung jeder in verschiedener<br />

Weise, an anderer Stelle des schöpferischen Prozesses und in einem anderen Grad,<br />

einige vertragen gar keine, andere suchen das Werkgespräch geradezu leidenschaftlich.<br />

Darüber hinaus ist auch die künstlerische Fruchtbarkeit der Einwirkung einer fremden<br />

Denk- und Schreibweise immer mit größter Skepsis zu kalkulieren. Kein <strong>Autor</strong>, selbst der<br />

empfindlichste und verschlossenste, ist unbeeinflußbar, und kein dramaturgischer<br />

Gesprächspartner, und sei es auch der vorsichtigste, ist frei von Eigensinn. Am<br />

schwersten ist es, zur rechten Zeit zu erkennen, wo die beiderseitigen Absichten und<br />

Kräfte inkommensurabel sind und wo sich auch der »aktivste« Dramaturg einer<br />

Einmischung absolut enthalten muß. Erst die immer wieder geübte Fähigkeit zu solcher<br />

Enthaltsamkeit zeigt, ob die Aktivität wirklich schöpferisch zu sein vermag.<br />

119

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!