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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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haben sie in der technischen Sterilität der Hörspielstudios die Atmosphäre des Theaters<br />

oft entbehrt: Improvisation und Ungewißheit, Kulissenwirklichkeit und dunkles Gegenüber<br />

eines realen Publikums, Licht und Rampe und vieles andere, vor allem aber Macht und<br />

Geltung, die durch all diese Geheimnisse dem Darsteller und dem Regisseur zufallen.<br />

Plötzlich begegnet ihnen nun ein großer Teil der Verlockungen wieder, im gleichen Hause,<br />

in dem sie zu arbeiten gewöhnt sind. Sie müßten ohne Phantasie und ohne Leidenschaft<br />

sein, wenn sie die Versuchung nicht hinrisse.<br />

Während sich die Hörspielautoren dem Fernsehen zum Teil nicht einmal stellten, sind die<br />

Regisseure ihm sofort zugefallen. Fast ohne Ausnahme haben sie sich der Selbstprüfung<br />

unterzogen, oft ohne zu wissen, daß es sich um eine Selbstprüfung handelte. Das<br />

erstaunliche und für manchen anfangs vielleicht enttäuschende Ergebnis war, daß sich<br />

nur in wenigen Fällen eine Umwertung ergab. Zwar haben diejenigen, die mit Hörspielen<br />

niemals ein ausgeprägtes künstlerisches Profil gewinnen konnten, weil sie nie ganz vom<br />

Theaterstil loskamen, zum Teil im Fernsehen auch ausgeprägtere Chancen für sich<br />

entdeckt. Die profilierten Hörspielregisseure aber, denen die Kunstform Besonderes<br />

verdankt, vor allem diejenigen, die um 1950 den neuen Stil am Mikrophon erfunden und<br />

durchgesetzt haben, haben sich als wesenhafte Funkmänner erwiesen: im Fernsehen<br />

entsprachen sie meist nicht ganz den Maßstäben, mit denen man sie im Hörspiel<br />

inzwischen zu messen gelernt hatte. Bei einigen hatte man schon bei gelegentlichen<br />

Gastspielen auf dem Theater etwas von ihrer besonderen Begabung geahnt. Nun gab es<br />

ein neues, überzeugendes Indiz für die Verwandtschaft von Fernsehen und Schaubühne<br />

und dafür, daß sich die vitale Ausdruckskraft der mimischen Kunst mit der behutsamen<br />

Sensibilität des bloß Akustischen nicht unbedingt vereinen läßt: beide verlangen<br />

entgegengesetzte Techniken und Fähigkeiten. So hat das Fernsehspiel unter den<br />

Hörspielregisseuren eine neue Auslese zugunsten des Hörspiels bewirkt; weggenommen<br />

hat es dem Hörspiel vor allem diejenigen, die dort nie ganz beheimatet waren.<br />

Über die Entwicklung der darstellerischen Kunst im Hörspiel zu reden, ist schwer. Das<br />

Urteil muß sich an die Erinnerung halten, die vielfach trügt. Wo aber<br />

Schallaufzeichnungen vorhanden sind, hat man den Verdacht, daß auch sie trügen. Die<br />

alten Leistungen wirken zum großen Teil so grauenhaft unerträglich, daß wir genötigt sind<br />

anzunehmen, reproduktive Kunst unterliege im Gegensatz zur produktiven einer Art Mode,<br />

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