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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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oder bei großem Lärm ist es fast ausgeschlossen, diffizile Gedanken oder zarte<br />

Empfindungen zu übermitteln, einfach weil dazu sanfte und differenzierte Töne nötig sind.<br />

Wenn demnach das Hörspiel ein Kind des Understatements ist, so wahrscheinlich<br />

deshalb, weil das Ohr als Organ des Understatements angesprochen werden muß.<br />

Es hat lange gedauert, bevor man sich im Hörspiel auf die Empfindlichkeit des Ohrs<br />

einstellte. In früheren Inszenierungen scheint man auf Nachdrücklichkeit statt auf Feinheit<br />

spekuliert zu haben: man glaubt, deutlich sein zu müssen, das verraten alle alten<br />

Hörspielaufnahmen. Auch meine ich mich aus den zwanziger und dreißiger Jahren zu<br />

erinnern, daß man infolge dieser allgemeinen Tendenz zu Direktheit und Deutlichkeit die<br />

Individualitäten der Regisseure kaum unterscheiden konnte. Zwar mutete man schon früh,<br />

schon vor 1929, den Zuhörern gelegentlich zu, komplizierte Blenden zu verstehen,<br />

nachdem man anfangs alle Szenen durch Gongs oder Zwischenmusik ängstlich .<br />

voneinander abgetrennt hatte. Aber noch ein Hörtext von 1935, Rothes Verwehte Spuren,<br />

den man daraufhin einmal prüfen möge, verrät, wie ängstlich und mit wieviel Worten (und<br />

gewiß auch mit wieviel Geräuschaufwand) Handlungsorte und<br />

-vorgänge immer wieder direkt ausgedrückt wurden, damit sie ja niemand verkenne.<br />

Heute heißt eines der Bonmots des Regisseurs Fritz Schröder-Jahn, daß man durchaus<br />

nicht alles verstehen müsse und daß, was man nicht artikuliere und akzentuiere,<br />

wesentlich deutlicher sei als alles Absichtliche und Betonte.<br />

Ich glaube allerdings, ohne es beweisen zu können, daß es schon vor dem Krieg, schon<br />

in der Frühzeit, Ansätze zu ähnlichen Produktionsmethoden gegeben haben muß, obwohl<br />

sie noch durch die – gegenüber dem UKW-Empfang sehr unzureichende –<br />

Empfangsqualität behindert gewesen sind. Vor allem bei Ernst Hardt in Köln, wo die<br />

erstaunlich modernen Texte Reinachers und Ehrensteins entstanden, hat man es<br />

sicherlich mit diffizileren Ausdrucksmitteln versucht. Für die Zeit nach dem Krieg läßt sich<br />

ein sicheres Datum nennen, von dem ab der unterschwellige, nur andeutende<br />

Inszenierungsstil, bei dem man auf die mitschöpferische Kraft der Hörerphantasie<br />

rechnete, zum erstenmal auffallend zur Geltung kam: im Februar 1950, anläßlich einer<br />

Produktion Fritz Schröder-Jahns. Das Stück war literarisch nicht sonderlich<br />

bemerkenswert, seine <strong>Autor</strong>en hießen Christa-Maria Piontek und Paul Hühnerfeld und<br />

schilderten mit Fleiß und aus Erfahrung den Alltag der damaligen Studenten: Es war ein<br />

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