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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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ist bereits unterwegs.<br />

Er wird in deinem Bett schlafen,<br />

er wird mit dem Buch, dessen Sprache er nicht versteht,<br />

am Morgen den Ofen anheizen.<br />

Es ist besser, ihm nicht zu begegnen.<br />

Blick dich nicht um, lösch die Lampe aus, verlaß das Zimmer.<br />

Es gehört nicht mehr dir.<br />

Du wirst durch die Tür, durch die du gehst,<br />

nie wieder eintreten.<br />

Hoerschelmann ist – das beweist die Ergriffenheit, die aus dem Gedicht spricht – bei der<br />

neuen Beschäftigung mit dem Stoff noch einmal auf den metaphorischen Kern seiner<br />

Geschichte gestoßen, aus dem sie sich vor Jahren in ihm gebildet hatte. Er war damals<br />

keineswegs nur von dem einen Bedürfnis ausgegangen, ein Schicksal zwischen Juden<br />

und Deutschen darzustellen, wie es viele <strong>Autor</strong>en taten, sondern das Leben der<br />

Verfolgten, der Flüchtenden, der dem Tode ausgelieferten Umhergetriebenen, der für<br />

immer Heimatlosen wurde ihm plötzlich zum Gleichnis für das Leben des Menschen<br />

schlechthin, er spürte auf einmal jenes »Das bist du«. Und so begriff er von innen her –<br />

lyrisch –, was es bedeutet, daß dies Menschen den Menschen zufügten.<br />

Der Vorgang wiederholte sich ähnlich ein Jahr später bei Eich mit den Mädchen aus<br />

Viterbo, wo es freilich um ein Problem geht, das Menschenkraft noch weit mehr<br />

übersteigt: um das Sich-Abfinden mit der Sinnlosigkeit des persönlichen Leidens und<br />

Sterbens. Daß beide Hörspiele das unvorstellbare Morden, das erst vor wenigen Jahren in<br />

Deutschland geschehen war, nicht direkt, in seiner nackten millionenfachen Wirklichkeit<br />

zeigen, sondern an einem einzelnen Schicksal und zum Gleichnis erhöht, mag denen, die<br />

vor allem die Realität des Gräßlichen ins allgemeine Bewußtsein heben wollen, vielleicht<br />

als Nachteil erscheinen, doch verlangen sie dann mehr – und weniger –, als Kunst geben<br />

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