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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Lessing nach möglichen Verbindungen der Künste untereinander, wobei er die<br />

Kombinationen von Raumkünsten mit Zeitkünsten durchweg nicht für »vollkommen«<br />

erklärt. Eine gänzlich homogene Verbindung, die darum »unstreitig unter allen möglichen<br />

die vollkommenste« ist, scheint ihm indessen »die Vereinigung willkürlicher,<br />

aufeinanderfolgender hörbarer Zeichen« – also von Sprache – »mit natürlichen,<br />

aufeinanderfolgenden hörbaren Zeichen« – also mit Musik und Geräusch. Keine Frage,<br />

daß Lessing hier von einer Form redet, die dem Hörspiel entspricht. Er bedauert<br />

ausdrücklich, daß die Kombination, die er meint, eigentlich nur in der Oper vorkomme, wo<br />

die Musik dominiert und wo sie infolge ihrer sinnlicheren (»wollüstigeren«) Natur die<br />

Entfaltung von Sprache und Poesie verhindere. Man müsse ein Zusammenwirken<br />

anstreben, in dem das Wort die herrschende, die Musik aber die bloß helfende Kunst<br />

wäre, so daß sie also »nicht der andern schadet und unser Ohr zu sehr vergnügt«.<br />

Die Nachbarschaft mit der Oper klingt auch später in der Hörspieltheorie immer wieder an,<br />

zuerst bei Rudolf Leonhard, der 1927 in seinem Vorwort zum Hörspiel Wettlauf feststellt:<br />

»Was ich schrieb, war, wie ich bald merkte, eine Sprechoper. Ich hatte ein paar Personen. Nicht<br />

wie sonst bei dramatischer Arbeit sah ich sie bewegt in Gruppen, ich hörte immer nur ihre<br />

Divergenzen und ihren Zusammenklang. Und so hatte ich, hatte der imaginäre Hörer in mir das<br />

Bedürfnis, immer nach einem Stück Dialog (ich möchte Duett, Terzett und Quartett sagen) im<br />

Anhören einer Stimme sich zu sammeln und auszuruhen – wie es auch nötig wurde, in diesen<br />

›Arien‹ (nichts anderes als gesprochene Arien sind es) das Wesen und die Veränderungen der<br />

einzelnen Figuren zu entfalten.«<br />

Am genauesten präzisierte Schiller in dem zitierten Brief, um was es sich hier handelt. Im<br />

Gegensatz zur klassischen Auffassung, die das Epische, das Dramatische, das Lyrische,<br />

jedes isoliert für sich, sehen möchte, meint er: daß die Gattungen in einem gewissen<br />

Spannungsverhältnis untereinander stehen und darüber hinaus in einer höchst<br />

fruchtbaren Spannung auch zur Aufgabe der Poesie überhaupt. »Die dramatische<br />

Handlung bewegt sich vor mir, um die epische bewege ich mich selber, und sie scheint<br />

mir gleichsam stille zu stehn ... Bewegt sich die Begebenheit vor mir, so bin ich streng an<br />

die sinnliche Gegenwart gefesselt, meine Phantasie verliert alle Freiheit, ... ich muß<br />

immer beim Objekt bleiben. Bewege ich mich um die Begebenheit, ... so kann ich einen<br />

ungleichen Schritt halten, ich kann nach meinem subjektiven Bedürfnis mich länger oder<br />

kürzer verweilen, kann Rückschritte machen oder Vorgriffe tun usf. Es stimmt dies auch<br />

sehr gut mit dem Begriff des Vergangenseins, ... mit dem Begriff des Erzählens; denn der<br />

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