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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Menschen seiner Heimat auftreten, besonders liebt, Unterm Birnbaum. Die drei eigenen<br />

Stoffe aber waren die folgenden:<br />

Geh nicht nach El Kuwehd, Eichs erstes Hörspiel, das im Orient spielt. Es wurde in<br />

München zuerst gesendet und erzählt die Geschichte des Kaufmanns Mohallab, der auf<br />

der Reise nach Damaskus trotz Warnung in El Kuwehd übernachtet, dort dem Blick und<br />

Ruf eines Mädchens folgt und dabei unter die Räuber fällt, in Sklaverei und Tod. Als ihn<br />

der Henker auf Befehl des Sultans gerade vom Felsen in die Tiefe stoßen will, wacht<br />

Mohallab in der Herberge auf, er hat nur geträumt. Aber da steht auch schon vor dem<br />

Lager des Erwachenden die Abgesandte des Mädchens, durch das er in jenes geträumte<br />

Unglück geriet, und siehe, er folgt ihr dennoch.<br />

Eichs zweites Hörspiel von 1950, Die gekaufte Prüfung, war die erste seiner Arbeiten, die<br />

in Hamburg uraufgeführt wurde, ein zeitgeschichtlich wichtiges Werk, aber für Eich<br />

weniger charakteristisch als El Kuwehd. In den Hungerjahren nach dem Krieg gelingt es<br />

einem Schüler, zwei seiner Lehrer mit Lebensmitteln vom Schwarzen Markt zu bestechen,<br />

so daß er trotz mangelnder Leistungen die Reifeprüfung besteht. Einer dieser Lehrer war<br />

leichtfertig darauf eingegangen, den anderen hatte es einen schweren Kampf gekostet –<br />

zwischen der Pflicht gegen sein Gewissen und der Pflicht gegen seine hungerkranken<br />

Kinder. Als die Tat geschehen ist, kann er die Gewissenslast nicht mehr tragen, er<br />

denunziert sich selbst vor dem andern Schuldigen, der inzwischen zum Leiter der Schule<br />

avancierte. Der aber – und alle wohlmeinenden Mitwisser ebenso – beschwören ihn zu<br />

bedenken, was die Wiederholung der Selbstbezichtigung an höherem Ort, mit der er<br />

droht, bedeuten würde: für ihn und für seine Familie, aber auch für den Kollegen und den<br />

Schüler zerbrächen Leben und Zukunft.<br />

Eich hat zu diesem Stück drei Schlüsse geschrieben, zwischen denen er den Hörern die<br />

Entscheidung überläßt. Er will beweisen, wie unendlich schwer, ja, unmöglich es ist,<br />

gegen lebendige Menschen für ein abstraktes Pflichtgesetz zu plädieren. Das Stück hat<br />

viel Anteilnahme, aber auch manchen Protest hervorgerufen, gerade bei denen, die sich<br />

von Berufs wegen als Hüter kantisch-preußischen Pflichtbewußtseins fühlen: bei den<br />

Lehrern. Aber der Protest mißversteht Eichs Problemstellung, die im Grunde trotz ihrer<br />

Bedenken gegen die Schablone des Preußentums »preußisch« ist. Leider wurde das<br />

Hörspiel, weil es im Zusammenhang des Eich-Werks nicht besonders wichtig erscheint,<br />

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