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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Manchmal tritt dem Licht und der Sprache aber auch noch das Gedankliche, das<br />

gleichsam Essayistische an die Seite: bei den Malern die tiefsinnige philosophischtheologische<br />

Deutbarkeit des Bildplans (conceptus pingendi), zu dem sich die Künstler<br />

damals von den berühmtesten Poeten und Gelehrten Anregungen holten. Dann werden<br />

Metaphysik und Empfindung die Kräfte, die auch im Perspektivelosen noch Perspektiven<br />

schaffen. Weitaus interessanter aber ist, wie man die Übergänge bewirkte – zwischen den<br />

stilistischen und kategorialen Mitteln und zwischen dieser und jener Welt. Denn diese<br />

Übergänge müssen ja gleitend sein, müssen blenden und überblenden.<br />

Oberster Grundsatz war dabei, wie Gérard de Lairesse in seinem Malerbuch sagt, daß<br />

Malerei und Architektur »eines mit dem andern einerlei Körper erscheine«. Dazu wird das<br />

Ganze aus der Dreidimensionalität in die Eindimensionalität des alles überflutenden,<br />

blendenden Lichtes übersetzt; alles bewegt sich, immer mehr in Himmel zerfließend, dem<br />

Zentrum der Decke zu, dem Kern des Bildgedankens. Da aber, wo die aufstrebende<br />

Architektur der Wand gegen die Decke stößt, wo das vertikal emporstrudelnde barocke<br />

Zierwerk wie eine immerwährende leise Brandung gegen die horizontale Fläche spielt,<br />

überblenden sich (obendrein vielleicht von weißer oder farbiger Figurenplastik<br />

durchschnitten) die plastischen Realitäten, die der Architekt schuf, mit den erst noch<br />

kräftigeren, dann immer zarteren Farbträumereien des Malers. Plötzlich stehen da,<br />

gleichsam auf einer Empore, beinahe real, gemalte Figuren, die sich zu uns herabneigen<br />

und gleichzeitig hinaufdeuten zu den Geschehnissen im grellen, überirdischen Licht. Es<br />

sind die Erzähler, es sind die Gewährsmänner an der Schwelle zum Wunderbaren. Unser<br />

Blick kann nicht nach oben, ohne an ihnen vorbeizugleiten.<br />

Gérard de Lairesse war schon als Lehrer genannt, das neunte Kapitel seines Buchs heißt<br />

Von den Deckwerken oder Malung der Plafonds. Andrea Pozzo schrieb Der Maler und<br />

Baumeister Perspektiv (1692) und Paulus Decker Fürstlicher Baumeister oder Architectura<br />

civilis (1711). Alle lieferten sorgsam in Kupfer gestochene Beispiele von Deckenmalereien<br />

sakraler und profaner Art, die als Urbilder, Prototypen für den Künstler gedacht waren.<br />

Dazu kamen die Ikonologien (Beschreibungen der hierarchischen Motive) von Joachim<br />

von Sandrart (1679) bis hin zu Winckelmann, der 1766 eine der letzten schrieb: Versuch<br />

einer Allegorie besonders für Künstler. Es war schon eine Art angewandter Kunst, die da<br />

praktiziert wurde. Die Werke barocker Deckenmalerei allein in den österreichischen<br />

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