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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Ohnehin werden durch den Inneren Monolog keine Tiefen aufgerissen, solange es nur um<br />

den simplen Gegensatz geht zwischen dem, was der Mensch ausspricht, und dem, was er<br />

ängstlich oder rücksichtsvoll verschweigt. Die banale Antithese Hintergedanke/ offene<br />

Rede ist eigentlich nur für Unterhaltungs- und Kolportage-Schriftsteller genug. Das gilt<br />

teilweise auch für das 1951 entstandene Hörspiel Walter Erich Schäfers, Spiel der<br />

Gedanken, bei dem jeder lauten, falschen Replik eine gedachte, wirkliche folgt. Der<br />

Schematismus ermüdet, die »Entlarvung« wird konventionell.<br />

Schließlich soll hier noch ein Vorgriff erfolgen auf zwei weitere Hörspiele des Inneren<br />

Monologs, die gleichfalls von sehr viel später datieren. Sie ergeben wiederum eine<br />

interessante Parallele – fast so wie die beiden erwähnten Frauenhörspiele. Und wiederum<br />

ist Wellershoff der <strong>Autor</strong> des einen. Es handelt sich um sein preisgekröntes und<br />

preiswürdiges Hörspiel Der Minotaurus (1960) und um Peter Hirches sehr liebenswerte<br />

und vielgeliebte Seltsamste Liebesgeschichte der Welt (1953). In beiden Stücken werden<br />

die Inneren Monologe eines Mannes und einer Frau miteinander verschränkt. Bei<br />

Wellershoff verbindet die zwei ein Verhältnis, in dem Verantwortung und Liebe nicht<br />

ausreichen, das erweist sich, als die Liebe fruchtbar wird. Der junge Mann verlangt die<br />

Abtreibung, bringt das Mädchen auf den Weg zum Arzt, und in der gräßlichen Situation<br />

voll unterdrückter Verzweiflung und quälender Verlogenheit monologisieren die Partner<br />

mit langen Passagen aneinander vorbei. Wellershoffs Hörspiel ist tiefenpsychologischrealistisch,<br />

der Mensch in seiner minotaurischen Wirklichkeit ist Objekt und Subjekt;<br />

Entsetzen und Unergründlichkeit, nicht Poesie und Geheimnis bewirken die Faszination.<br />

Mit genau entgegengesetzten Mitteln geht Hirches Hörspiel fast das gleiche Thema an:<br />

das nie Erfüllte, nie Erfüllbare der Liebe. Zwischen den Partnern, die bei ihm mit kurzen<br />

wechselnden Repliken monologisieren, so daß ein irrealer Dialog zustande kommt, steht<br />

nichts abgründig Psychologisches. Nur die harte Wirklichkeit trennt sie, die nüchterne<br />

Tatsache, daß sie sich nicht kennen und nie kennen und sehen werden, daß sie (selbst<br />

wenn sie sich am gleichen Platz aufhalten, was sie nie feststellen können) örtlich und<br />

sozial unendlich weit voneinander entfernt sind. Nichts haben sie miteinander gemein als<br />

ihre Sehnsucht nach einem Wunschbild, dem sie vielleicht – vielleicht! – gegenseitig<br />

entsprechen könnten. Aber seltsam: sie hören einander trotz ihrer Getrenntheit reden und<br />

antworten einander. Keine Psychologie hätte ihnen dazu verhelfen, keine Realität sie<br />

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