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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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eigene Funktion besitzt, ein zusätzliches Spezifikum gegenüber der sonstigen<br />

literarischen Anwendung. Man kann an diesem Beispiel erkennen, daß es nicht die<br />

Kategorie der »Innerlichkeit« allein ist, nicht eine sozusagen abstrakte Innerlichkeit, die<br />

sich am Mikrophon bewährt, sondern eine auf Konkretes bezogene, mit konkreter<br />

Wirklichkeit und konkreten Handlungsvorgängen in Spannung befindliche Innerlichkeit.<br />

Theoretisch läßt sich ja jeder Handlungsvorgang, den man auf konventionelle Weise<br />

episch, objektiv und als vergangen erzählen kann, durch Verlagerung ins Innere einer<br />

dabei anwesenden Person auch als gleichzeitiges Geschehen und monologisch<br />

darstellen. Das bedeutet dann genau, was Goethe meinte: Aufgabe der epischen Distanz,<br />

Vergegenwärtigung, Verwandlung einer Erzählung in Quasi-Dramatisches. Aber es<br />

bedeutet wiederum nicht, was Goethe fürchtete: Veräußerlichung. Im Gegenteil, äußeres<br />

Geschehen wird zu innerem, bloßer Bericht wird zum Bekenntnis eines handelnden oder<br />

– was viel häufiger ist – eines leidenden Menschen. Die drei Modi der Dichtung sind dann<br />

folgendermaßen an der endgültigen Form beteiligt: während durch die Darstellbarkeit und<br />

die Darstellung dramatische Elemente hineinkommen, bleiben durch die Passivität der<br />

reflektierenden, sich selber darstellenden Figur epische Elemente erhalten und kommen<br />

durch die »Innerlichkeit« lyrische hinzu. Ein großes, reiches Spannungsfeld entsteht.<br />

Natürlich auch eine große Unsicherheit, weil der feste epische Standort aufgegeben<br />

worden ist. Auch jene Position, von der aus alle andern gesehen werden, befindet sich ja<br />

in Bewegung, gibt also nicht objektiv Bericht, sondern nur eine Art Spiegelung im<br />

Zerrspiegel von Emotionen. Dies gilt für den Inneren Monolog allgemein, nicht für seine<br />

spezifische Funkform: Relativierung bringt natürlich immer auch die Gefahr des<br />

Unverbindlichen mit sich.<br />

Im Inneren Monolog als Hörspiel wird diese Relativierung nicht so weit vollzogen. Man<br />

kann auch sagen: sie wird so weit vollzogen, aber es werden, weil Hörspiel ja Darstellung<br />

ist, innerhalb der Relativierung stets zwei Positionen als besonders wichtig<br />

hervorgehoben und kontrapunktiert: nämlich die des monologisierenden Ich und die der<br />

äußeren Geschehnisse, auf die das machtlose Ich keinen Einfluß hat, obwohl es mit ihnen<br />

verflochten ist. Manchmal handelt es sich bei diesem Kontrapunkt nur um die Spannung<br />

zwischen der (sich durch Geräusch oder sonstwie kundtuenden) kompakten Außenwelt<br />

und der unablässig in Bewegung befindlichen inneren Welt aus Gedanken und Gefühlen,<br />

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