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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Bühnenseite nur über die Mitte zur rechten. Die Figuren, die in ihnen wohnen, müssen<br />

auch nicht unbedingt im Kontinuum einer handfesten Psychologie oder anderer harter<br />

Motivationsmöglichkeiten existieren, es muß nicht jede Wirkung auf eine Ursache<br />

zurückgehen. Sondern alles verhält sich zu der greifbaren Welt eines realistischen<br />

Gemäldes (das von der Alltagsrealität durch einen Guckkasten abgetrennt wird, damit<br />

keine Verwechslung geschieht) wie die Skizze, die ohne Rand und Rahmen mit bloßen<br />

Andeutungen aus der »Stille« einer neutralen Fläche herauswächst. Auch innerhalb der<br />

ausgefüllten Fläche zeigt sie nur da und dort genaue Konturen, läßt Übergänge ungeklärt<br />

und gibt Vermutungen nicht nur »Raum«, sondern fordert sie heraus.<br />

In der modernen Lyrik kennt man die Methode der Assoziation. Sie hat dort bisweilen zu<br />

vollständiger Auflösung verständlicher objektiver Zusammenhänge geführt. So aber ist es<br />

nicht unbedingt gemeint, wenn nun auch im Hörspiel von einer assoziativen Methode<br />

gesprochen wird. Selbst in einem Werk dieser Gattung, das noch aus breiten,<br />

realistischen Szenen besteht, geht es ohne Sprünge zwischen den Szenen nicht ab,<br />

kommt plan ohne den Begriff der Assoziation nicht aus. Schnitte und Blenden sind im<br />

Hörspiel ohne dies Mittel undenkbar: sie sind der engste Operationsbezirk des<br />

Assoziativen. Der größte, unbegrenzte, mit dem man kaum mehr argumentieren kann,<br />

ohne ins ganz Unkontrollierbare zu geraten, ist darin begründet, daß in der Sprache<br />

schlechterdings alles ohne Einschränkung assoziativ ist. Zwischen diesen beiden<br />

Auffassungen des Begriffs, der engeren und der unendlich großen, liegt die ganze Freiheit<br />

des Hörspiels. Nur die Möglichkeit der Assoziation bewahrt es davor, realistische<br />

Kontinua zeigen zu müssen.<br />

Die weitaus meisten Hörspiele in der ersten Blütezeit zwischen 1929 und 1936 finden<br />

natürlich diese »materielose« Sprache, diese »assoziative« Methode noch nicht, sie<br />

arbeiten mit Notlösungen, Lösungen von Fall zu Fall. Nur in ganz wenigen Werken ist<br />

schon mehr geahnt oder gar getan. Dennoch – oder vielleicht gerade darum sind<br />

aufregende Möglichkeiten erfunden worden, Ersatzlösungen, die besonders<br />

aufschlußreich sind. Es zeigt sich nämlich in ihnen, daß künstlerische Form zweifellos<br />

etwas Objektives ist und sozusagen schon vor der ersten Verwirklichung existiert. Obwohl<br />

die Dichter die Mittel noch nicht kennen, obwohl sie mit Behelfen arbeiten müssen,<br />

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