28.02.2014 Aufrufe

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

http://www.mediaculture-online.de<br />

Panne, der makabre Reiz darin liegt, daß die Aburteilung eines Mörders (und unserer<br />

ganzen Zeit) vonstatten geht, während der Mörder am gleichen Tisch mit seinen Richtern<br />

schmatzt und an Rotweinkorken schnuppert, dann darf man sich nicht wundern, daß das<br />

Hörspiel trotz aller freischwebenden Dialektik auf dem Bildschirm beinahe noch mehr<br />

fasziniert, denn die Situation schreit nach konkretem Ausspielen und ironischer<br />

Vergegenwärtigung. Aus einem ähnlichen Grunde ist auch die naheliegende, häufig<br />

geäußerte Meinung abwegig, daß Becketts Einakter Das letzte Band ein geborenes<br />

Hörspiel sei: der »Dialog« zwischen dem Band und dem, der seine eigene aufgezeichnete<br />

Stimme hört, »bleibe doch im rein akustischen Bereich«. Nein, das interessante Werk,<br />

obwohl es ihm um die Problematik eines vor Jahren akustisch konservierten Lebens geht,<br />

ist entweder für die Kleinkunstbühne oder für das Fernsehen; nur da wird der Kontrapunkt<br />

zwischen der Bandstimme von früher und dem stummen mimischen Reflex von heute,<br />

wird das Innere durch das Äußere in »Großaufnahme« sichtbar.<br />

Im Hörspiel geht es nicht darum, das Innere durch das Äußere sichtbar zu machen,<br />

sondern (um es noch einmal zu wiederholen) das Äußere »aus dem inneren<br />

Zusammenhang hervorgehen« zu lassen. Das ist genau umgekehrtes Theater.<br />

Aber zurück zu den einfachen handwerklichen Fragen, die sich daraus ergeben, daß sich,<br />

wie Kolb sagt, im Rundfunk »das Stoffliche, Körperliche und damit die sichtbare Handlung<br />

nicht wiedergeben« lassen – etwa zu der Frage: wieviel Stimmen in einem Hörspieldialog<br />

(nicht im ganzen Hörspiel – das wäre falsch gefragt) nebeneinander unterzubringen, d.h.<br />

unterscheidbar zu machen sind. Wenige nur; die vierte wäre wahrscheinlich schon zu viel,<br />

wenn alle noch als runde Individualitäten erscheinen sollen. Dennoch gibt es auch<br />

darüber hinaus Möglichkeiten: Zusammenfassung zu Gruppen, bei denen die Stimmen<br />

einen Teil des Individuellen zeitweise oder ganz aufgeben, oder klare Gliederung, wobei<br />

abschnittweise einige der Stimmen im Schweigen verschwinden, während zwei oder drei<br />

konzertierend die Auseinandersetzung führen.<br />

Im Schweigen verschwinden? Also bedeutet Schweigen im Hörspiel Nichtvorhandensein?<br />

Nein, nimmt man es genau, so bedeutet es eher: Nebelwand, in der alles, wahrhaftig<br />

alles, insgeheim vorhanden ist und sich bloß verbirgt, es kann jeden Augenblick<br />

hervortreten. Scharfe Trennung von »im Spiel« und »außerhalb des Spiels«, wie es sie<br />

auf der Bühne gibt, kennt das Hörspiel nicht; es schwingen bei jedem Ton eine Fülle von<br />

144

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!