28.02.2014 Aufrufe

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

http://www.mediaculture-online.de<br />

Hermann Kasack hat 1930 derartiges zum ersten Male versucht. Sein kleines Hörspiel<br />

hieß ursprünglich Stimmen im Kampf. Da das Wort Kampf aber inzwischen zu makaberpathetische<br />

Farbe angenommen hatte, wurde der Titel bei der Neuproduktion mit<br />

Zustimmung des Dichters in Ballwechsel geändert. Es geht um die fingierte Reportage<br />

eines Tennismatchs, doch wird die Reportage sofort dadurch aus dem Bereich der<br />

Realität gerückt, daß man unter dem Rhythmus des Schlagwechsels die schlagrhythmisch<br />

hervorgestoßenen Gedanken der beiden Wettkämpfer zu hören bekommt. Abwechselnd<br />

befassen sie sich – sehr konventionell – mit privaten Liebes- und Eifersuchtssorgen. Das<br />

ist zwar, wie Sachkenner anläßlich der Neuaufführung versicherten, während eines<br />

Sportgeschehens von solcher Konzentration unglaubwürdig. Aber dem Werkchen haftet<br />

ohnehin nur der Charakter eines virtuosen, experimentellen Spiels an: seine Inszenierung<br />

wirkt noch heute als amüsantes Experiment. So muß es also vor allem für dieses<br />

»Spielerische« Anlaß geben, für die »Synchronisation« der beiden inneren Stimmen mit<br />

dem singenden Flirren der aufschlagenden Bälle. Eine Art von wunderlichen Versen<br />

entsteht dabei, deren angerissene Zeilen durch den immer wiederholten Krafteinsatz der<br />

Sprecher beim Schlag ihre Zäsuren erhalten.<br />

Soweit mir bekannt, ist ein ähnlicher Versuch, rhythmisches Geräusch und innere<br />

Stimmen gegeneinander zu »synkopieren«, niemals mit gleicher Konsequenz<br />

durchgeführt worden. Gegen das Argument der Unglaubwürdigkeit aber ist zu sagen, daß<br />

das Spiel mit dem Ballwechsel, wenn Kasack die Partner dabei schwerwiegendere<br />

Gedanken hätte wälzen lassen, ganz sicher gescheitert wäre. Es beweist seinen<br />

Kunstsinn, daß er spürte: mit dem körperlich-vitalen Vorgang des Ballschlagens hin und<br />

her lassen sich vielleicht oberflächlich-vitale Vorgänge, lassen sich keine schicksalhaften<br />

Entscheidungen in schwebendes Gleichgewicht bringen. Das Werk ist ein reizvolles<br />

Unterhaltungsstück.<br />

132

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!