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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Dort, wo es keinerlei Rundfunktradition gab, hatte nach dem Krieg in der französischen<br />

Besatzungszone Friedrich Bischoff den »Südwestfunk« aufgebaut: auf einsamer Höhe<br />

draußen vor dem Kurort, zwischen Wald und Himmel. Die Gründung spottete jeder<br />

Erfahrung, gerade weil sie trotz aller Erfahrungen florierte. Manfred Haeberlen war<br />

Chefdramaturg; er förderte besonders jene französische Theaterliteratur, die im<br />

Hitlerdeutschland nicht erwünscht war, stand aber auch mit deutschen Hörspielautoren, z.<br />

B. mit Fred von Hoerschelmann, im Gespräch, dessen erstes Nachkriegsstück Amtmann<br />

Enders er 1949 brachte. Schon aus geographischen Gründen wurde <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> als die<br />

schärfste Konkurrenz für Stuttgart empfunden. Im Südwesten der Bundesrepublik gab es<br />

anfangs drei (heute, mit Saarbrücken, sogar vier) kleinere Rundfunkanstalten, sie lieferten<br />

immer einmal wieder den Beweis, daß zu kleinliche Föderalisierung nicht bloß lebendige<br />

Vielfalt schafft, sondern auch überflüssige Kraft verbraucht.<br />

Eich schrieb 1950 fünf Stücke, und der »Süddeutsche Rundfunk«, der eigentlich am Zuge<br />

gewesen wäre, schien zu kurz zu kommen. Nur noch eine Gewaltmaßnahme konnte<br />

helfen. Und so beschloß man in Stuttgart – es klingt unglaublich, und doch ist es nur ein<br />

Zeichen dafür, wie arm man in diesen Jahren noch war –, so beschloß Prager, Eich,<br />

Hoerschelmann und noch ein paar andere Dichter fest an den Sender zu binden. Ein<br />

Fixum von fünfhundert Mark monatlich wurde zugesagt, und vier nagelneue Hörspiele pro<br />

Jahr hatte jeder <strong>Autor</strong> zu liefern.<br />

Wer weiß, wie langsam Eich schreibt, wird über die Großartigkeit dieses Angebots lachen.<br />

Aber noch mehr Anlaß zur Belustigung hat, wer erfährt, daß der Vertrag wirklich erfüllt,<br />

daß 1951 wirklich vier Stücke abgeliefert wurden. Es waren Fis mit Obertönen, Verweile<br />

Wanderer, Sabeth und Die Andere und ich. Zusätzlich aber, damit der »Südwestfunk«<br />

nicht grollte, wurde im gleichen Jahr noch jenes Unikum unter den Eich-Stücken, das<br />

naiv-realistische, gänzlich unliterarische Unterhaltungsspiel Reparaturwerkstatt Muck,<br />

nach <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> geliefert.<br />

Aber während diese schöne Fülle – mit immerhin zwei der wichtigsten Stücke des Eich-<br />

Oeuvres – in die Hände des splendiden Auftraggebers gelegt wurde, brandete von fernher<br />

schon die Unruhe heran, die die Hörspiele Eichs von 1950 bei ihrer Erstsendung<br />

bewirkten. Es waren drei Arbeiten nach eigenen Stoffen, zwei nach fremden: nach<br />

Merimée Beatrice und Juana, und nach einer Fontane-Erzählung, die Eich, weil in ihr die<br />

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