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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Äußeres, »Schauplatz« und Szene, wenn es so etwas gibt, und das Hin und Her der<br />

Gestalten wiedergegeben, so daß sie anschaubar werden. Gleichzeitig aber – und zwar<br />

wirklich gleichzeitig: im selben Wort – wird über das Anschaulich-Bildliche hinweg oder<br />

aus ihm heraus noch das andere übermittelt. Und zwar geschieht das nicht nur innerhalb<br />

des Werks in Dialog und Auseinandersetzung zwischen den Figuren, sondern mehr noch<br />

direkt zwischen Werk und Hörer, <strong>Autor</strong> und Hörer ohne ausdrückliche Darlegung und<br />

Auseinandersetzung, dadurch, daß die Vorgänge und Bilder spürbar mehr meinen als<br />

äußere Realität.<br />

Daß so etwas möglich ist, hat seinen Grund in der Doppelnatur des Worts, das leiblich<br />

und geistig, anschaulich und abstrakt, Bild und Begriff zugleich ist. (Woher es vielleicht<br />

auch seine johanneische Bedeutung gewinnt.) Doch fällt im Menschenwort beides,<br />

Leibliches und Geistiges, nie zu absoluter Einheit zusammen: das Metaphorische ist<br />

durch die Spannung zwischen konkretem Bildgehalt und abstraktem Bedeutungsgehalt<br />

gekennzeichnet. Dadurch gewinnt die Sprache Fruchtbarkeit, aber auch die gefährliche<br />

Tendenz, sich zum Unanschaulichen einerseits und zur bloßen Sachbezeichnung<br />

andererseits auseinanderzuspalten.<br />

Die dichterische Sprache aber, insonderheit die Sprache der Lyrik und die Sprache des<br />

Hörspiels, sind gekennzeichnet durch die unablässige Bemühung, das Bild und das<br />

Bedeuten zu einer Einheit zusammenzuzwingen. Im Hörspiel geschieht das – so paradox<br />

es klingt – gerade dadurch, daß der Dichter mit den Vorstellungsbildern, die immer wieder<br />

zerfließen wollen, in einem besonders harten, stetigen Kampf liegt, daß für das Erzeugen<br />

und Erhalten von Bild und Anschauung unablässig die größten Anstrengungen gemacht<br />

werden müssen. Andererseits verhindert dieses schnelle Zerfließen der Bilder, das durch<br />

immer neue Fiktionen kompensiert werden muß, im Hörspiel auch einen naiven<br />

Realismus. Indem der Vorstellungskraft der Hörer immer neue Anstöße gegeben werden<br />

müssen, weckt die Nachdrücklichkeit des bildschöpferischen Vorgangs stets auch die<br />

Vermutung, daß die Bilder hintersinnig und bedeutend seien, und diese Vermutung darf<br />

nicht enttäuscht werden.<br />

So bleibt also nichts übrig, als über das Vordergründige hinauszugehen – nicht etwa ins<br />

Allegorische und Parabolische (den Grenzfall, in dem die Bedeutung schon wieder vom<br />

Bild abgespalten wäre), sondern zur Einheit des Worts hin. Bilder, Handlungen, Figuren,<br />

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