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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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versgebundenen, kammermusikalischen Spiel Am ungenauen Ort absolute<br />

Spannungslosigkeit das Thema ist. Weder Beziehung noch gar Bindung kommen<br />

zustande; von den beiden Paaren im gleichsam chemischen Licht der »gepflegten« Bar<br />

merkt niemand mehr etwas anderes als Leere, weil nämlich alle schon längst über die<br />

Schwelle ins Nichts hinausgetreten sind.<br />

Ganz ähnlich trotz aller Unterschiede in Jan Rys’ Dreiundfünfzig Schritten jene Gespräche<br />

im Krankenzimmer zwischen den fünf moribunden Rückenmarkskranken, die nur noch<br />

sich selbst beobachten, ihre Gedanken, die als geile, kellerblasse Keime treiben. Die<br />

beiden wohl wichtigsten unter unseren jüngeren Hörspielautoren mögen mir verzeihen,<br />

wenn ich, obwohl weit entfernt, ihre Redlichkeit bei der Darstellung des gewiß erlebten<br />

Nichts auch nur im geringsten zu bezweifeln, ernsthaft fürchte, wir könnten alle, wenn wir<br />

nicht aus diesem Weg herausfinden, Opfer der Therapie werden, die sie in ihren<br />

poetischen Beschwörungen betreiben. Denn die melancholische Melodie dieser<br />

unbestreitbar »heutigen« Wirklichkeit kann mit vollem Anspruch nun immer wieder in<br />

tausend Metaphern ausgedrückt werden, ohne daß wir weiterkommen. Nur eines fragt<br />

sich dabei: ob nicht für die <strong>Autor</strong>en der Metaphern und uns dann am Ende gelten wird,<br />

was Wellershoff in einem Dialogausschnitt sagt:<br />

- Ist dir etwas zugestoßen, Viktor?<br />

- Nein, aber es geht etwas in mir vor.<br />

- Grauenhaft.<br />

- Findest du? Das wäre ja etwas. Aber ich kann dich beruhigen. Es geht nichts in mir vor.<br />

Schließlich könnte vielleicht auch nicht einmal der Trost mehr bleiben, daß wir »alle nur<br />

scheintot« sind. Doch sind wir damit bei einem allgemeinen Problem moderner<br />

Kunstausübung, das übrigens in der Hörspielkunst noch relativ am seltensten auftaucht.<br />

Durch ein beneidenswert positives Temperament, das ihn mit überzeugendem Pathos<br />

stets für das Leben plädieren läßt, kommt Wolfgang Weyrauch an dieser Klippe vorbei,<br />

obwohl er in seinen beiden bisher reifsten Hörspielarbeiten in keiner Weise kaschiert,<br />

sondern gerade zum Thema macht, wie schmal zwischen Tod und Tod die Spur des<br />

Menschen verläuft. Mit jener zum Teil sprechchorischen Form, die Weyrauch heute als<br />

einziger glaubhaft zu handhaben versteht, erzählt er in den Japanischen Fischern (55),<br />

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