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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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– verfremdeter als bei Dimont, aber wohl auch noch bedeutender, blutvoller, farbiger und<br />

poetischer: eine Art grimmiger Parodie, bei der neben den Menschen plötzlich auch<br />

schockierend keltisch-heidnische Naturgötter handelnd mitspielen. Der Vorgang von<br />

Kreuzigung und Auferstehung scheint sich da – als Wirklichkeit oder als Traum? – auf<br />

einem kenternden Segler mitten im Meersturm an einem zum Matrosen gepreßten<br />

walisischen Schafhirten noch einmal zuzutragen. Die Vision ist von Melvillescher<br />

Monumentalität, aber dabei trotz aller Parallelen zu den neutestamentlichen Vorgängen so<br />

voller fast blasphemisch wirkender Eigenwilligkeiten, daß bei der Hamburger deutschen<br />

Erstaufführung (in der Meisterübersetzung Kurt Heinrich Hansens) die ernste Frage<br />

entstand, ob das Stück in der Karwoche überhaupt seinen rechten Platz habe. Dennoch:<br />

bei dieser weitgehenden poetischen Umsetzung, die in Zukunft wahrscheinlich noch oft in<br />

den englischen und deutschen Rundfunkprogrammen zu hören sein wird, sind es gerade<br />

die neuen, scheinbar willkürlichsten und eigensinnigsten Varianten, die zur<br />

Auseinandersetzung mit den altvertrauten Vorgängen der Geschichte am meisten<br />

herausfordern.<br />

Was dagegen Dorothy Sayers vor uns aufbaut, das sind gewollt-naive und direktdidaktische<br />

Schulbuchillustrationen mit getreu kostümierten Schaufiguren, denen die<br />

zugehörigen Spruchbänder vor den Lippen schweben. Hörspiele fungieren ja seit dem<br />

Ende der zwanziger Jahre auch als illustratives Lehrmittel im Schulfunk, und da wurden –<br />

bei uns wie in anderen Ländern – immer wieder Versuche mit der Darstellung biblischer<br />

Geschichten gemacht. Biblische Repetitionen in einem Schulfunk für lernbegierige<br />

Erwachsene – etwa dies ist die Passionshörspielreihe der Sayers.<br />

Es ist traurig, vor allem, wenn man sich die Bedeutung des christlichen Festzyklus’ im<br />

gestaltlosen Ablauf unserer Zeit und der Rundfunk-Programmzeit vergegenwärtigt, daß<br />

trotz großer Bemühungen nach dem Krieg, außer dem, was erwähnt wurde, kaum<br />

Nennenswertes entstanden ist. Die Kirchen haben sich auch in den<br />

Rundfunkprogrammen mehr und mehr wieder in das Ghetto der ihnen zugeteilten<br />

kirchlichen Kästchensendungen zurückgezogen, sie versuchen dort natürlich auch<br />

Hörspielszenen. Wenn man davon absieht, daß Heinrich Bölls Klopfzeichen in diesen<br />

Kästchen urgesendet wurde, ferner von Heinz Flügel eine (freilich sehr theologisierende)<br />

kleine Passionsspielreihe Gestalten der Passion und einige Szenen von Kurt Ihlenfeld,<br />

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