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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Im übrigen braucht die Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen natürlich auch<br />

keineswegs immer vom Hörspiel weg und zum Theater oder Fernsehen hinzuführen,<br />

obwohl die dabei naheliegende realistische Darstellungsweise auf das Grenzgebiet zu<br />

verweisen scheint. Zeitkritische Auseinandersetzung gibt es als Gewissensentscheidung<br />

auch in reiner Hörspielform: Eich mit der Gekauften Prüfung und mit den Mädchen aus<br />

Viterbo, Wickert mit dem Klassenaufsatz, Franz Hiesel mit seinem von den Kriegsblinden<br />

1959 gekrönten Hörspiel Auf einem Maulwurfshügel, in dem – in anderer Weise als bei<br />

Beckett – das Magnetband noch einmal die erste Rolle spielt, ferner Hirche mit Nähe des<br />

Todes und Zum Empfang sind erschienen, Gundermann mit Terminkalender und viele<br />

andere sind dafür ausreichende Beweise.<br />

Außerdem gibt es aber auch noch eine Anzahl <strong>Autor</strong>en, die, vom Aggressiv-<br />

Journalistischen ausgehend, die Hörspielform zu erfüllen versuchen – meist mit den<br />

Mitteln galliger Satire, die neben der »pathetischen« und der »spottenden« eine dritte,<br />

meist mehr politische als poetische Möglichkeit satirischer Schreibart darstellt: Erich Kuby<br />

ist hier zu erwähnen mit Arbeiten auf der Grenze zum Feature, wie zum Beispiel Hitlers<br />

letzte Festung, wo er die grotesken Verhandlungen der Spandauer Bewacher zeigt, aber<br />

auch mit seinen beiden frühesten und vielleicht darum besten wirklichen Hörspielen Der<br />

verschwundene Graf (53), einer dem Lubitsch-Film Ninotschka ähnlichen Geschichte, und<br />

Der Sonderzug (54), Szenen aus Gerhart Hauptmanns letzten Tagen. Auch Dieter<br />

Meichsner gehört in diese Gruppe mit seinem bezeichnenderweise auch im Fernsehen<br />

erfolgreichen Interzonen-Hörspiel Besuch aus der Zone (57) und anderen realistischaktuellen<br />

Stücken. Sodann Horst Mönnich u. a. mit Kopfgeld, dem Hörspiel der<br />

Währungsreform (58), und Heinz von Cramer mit seiner gegen alle Hörspielgesetze<br />

filmischen, aber vom <strong>Autor</strong> glänzend inszenierten Atomgroteske Familienausflug (60), in<br />

dem eine Luftschutzübung in scheinbar echten Alarm und Panik übergeht. Walter Jens<br />

hat zwar im Hörspiel bisher leider nur Anläufe genommen, aber sie liegen seltsamerweise<br />

alle auf dem Gebiet aggressiver Aktualität: ein Emigrantenschicksal im Besuch des<br />

Fremden (52), das Schicksal des jungen Soldaten, der am 20. Juli einen Augenblick die<br />

Entscheidung in der Hand hielt, in Der Telephonist (50) und – künstlerisch am<br />

überzeugendsten – das Schicksal des in ganz Europa umhergetriebenen jüdischen Arztes<br />

in Ahasver (56).<br />

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