28.02.2014 Aufrufe

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

http://www.mediaculture-online.de<br />

Im übrigen ist gegen so lärmenden und empörten Widerspruch, der bei Hörspielen wie<br />

Träume oft sogar den überwiegenden Teil der Zuschriften ausmacht, die sorgsame<br />

Hörerbefragung durch statistische Umfragemethoden ein willkommenes, wenn auch<br />

bescheidenes Gegengewicht. Sie rückt, da die Geduldigeren und Bemühteren weder<br />

schreien noch schreiben, aber auch befragt werden, alles wieder in ein etwas günstigeres<br />

Licht. Wirklich beruhigen kann sie freilich nicht: sie kann ja ebenfalls nur Plus oder Minus,<br />

Zustimmung oder Ablehnung messen, besitzt keinerlei Skala für Tiefen- und<br />

Dauerwirkungen und ist darum auf ihre Weise durchaus auch Parteigängerin der Majorität<br />

der Oberflächlichen und allzu Spontanen. Und doch gibt es durch sie, wie durch<br />

herausgeforderte Hörerpost (z. B. wenn man die Hörer nach alten Hörspielen fragt, deren<br />

Wiederholung sie sich wünschen), gelegentlich das eine oder andere fast unmerkliche<br />

Indiz für anhaltende und intensive Eindrücke, wie sie in der Kunst ja vor allem gemeint<br />

sind. Dann deutet sich nämlich an, daß Stücke, die gleichsam mit Widerhaken versehen<br />

waren, deren Bilder, Kontrast und deren Gedanken Schärfe besaßen, länger in den<br />

Gedächtnissen hängen blieben als die flauen, die den Hörern bloß wohlgefällig waren.<br />

Je genauer man sich mit dem Instrument Rundfunk befaßt und je intensiver man die<br />

scheinbar kaum vorhandene Relation zwischen dem eigenwilligen künstlerischen bzw.<br />

zeitkritischen Ausdruck und der großen Menge zu beobachten versucht, desto mehr<br />

kommt man zu der Überzeugung, daß es, wenn man überhaupt an der wildwachsenden<br />

Hörerpost mit ihren lärmenden Antiforderungen echte Wirksamkeit messen will, dafür nur<br />

ein Kriterium gibt: schärfster Protest und begeisterte Zustimmung müssen sich möglichst<br />

ohne jede verbindende Mitte mischen. Einmütiger Beifall ist nichts als ein Zeichen dafür,<br />

daß man etwas zu dem allgemeinen Ausverkauf lauwarmer Unterhaltungssensationen<br />

beigetragen hat, die die Menge der Menschen heute zwar nicht entbehren kann, die ihr<br />

aber ohnehin auf der ganzen instrumentalen Skala, vom Film, Fernsehen und Rundfunk<br />

angefangen bis hin zu den Buchstabier-Schlagzeilen der Boulevardzeitungen und den<br />

Illustriertenschablonen, angeboten werden. Einmütige Ablehnung läßt meist auf wirklichen<br />

Mißgriff schließen – und läge er auch nur bei Ort und Zeit der Einfügung ins Programm.<br />

Völliges Schweigen bedeutet, daß es der Herausforderung an Prägnanz und Schärfe<br />

gefehlt hat. Bloß enthusiastischen Beifall gibt es zum Glück nicht mehr. Aber großer und<br />

allgemeiner Aufruhr extremer Meinungen – und sei es auch unter überwiegend wütender<br />

Ablehnung – deutet mit ziemlicher Sicherheit auf einen intensiven Erfolg hin.<br />

237

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!