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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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den Weg ans Mikrophon genommen hat. Freilich möchte ich mir hier auch erlauben, zu<br />

sagen, daß sie dort, wären nicht andere kräftigere Hörspielformen entwickelt gewesen,<br />

das Hörspiel durch ihre Einseitigkeit bald ad absurdum geführt hätte. Das Menschenbild<br />

läßt sich nicht ausschließlich auf das Modell jener grollenden Gewesenen zurückführen,<br />

die durch ihr Schicksal und durch die Art, wie sie ihm begegnen, zu hilfloser Untätigkeit<br />

verurteilt sind. Wenn man die Hörspielmethode Becketts akzeptierte, müßten<br />

grundsätzlich dies die Hörspielfiguren sein. In beiden Stücken geht außerdem, so meine<br />

ich, etwas künstlerisch sehr Bedenkliches vor, in Alle, die da fallen noch verborgen hinter<br />

der grotesken Alters-Libidität der Mrs. Rooney, in Aschenglut erschreckend decouvriert:<br />

Selbstmitleid und Empfindsamkeit sind genau das Gegenteil der formprägenden Kraft, die<br />

vom Künstler verlangt wird, wenn er sein Selbst aus den von ihm geschaffenen Werken<br />

eliminieren soll.<br />

In Becketts Hörspielen ist wahrhaftig im Gegensatz zum östlichen Aktivismus, von dem<br />

ich sprach, ein hoffnungsloser westlicher Passivismus manifestiert – soweit er überhaupt<br />

›manifest‹ werden kann. Er ist unschwer zu erkennen. Wo Katzenjammer am Ende des<br />

freien Lebens steht, hat dieses Leben nicht das Gesetz gefunden, dem es sich<br />

unterwerfen muß, und wird schließlich in falscher Unterwerfung enden, in Unterwerfung<br />

um jeden Preis. Darum gibt es heute nur noch eine vordringliche Aufgabe des<br />

schöpferischen Geistes, eine Aufgabe, hinter der alle anderen Aufgaben belanglos<br />

erscheinen: unermüdlich nach dem Gesetz zu fragen, unter dem wir das Leben behalten<br />

oder erwerben werden.<br />

GÜNTER EICH / DAS WORT UNTERWEGS<br />

Das Bedeutsame am Hörspielwerk Günter Eichs ist, daß er sich dieser Aufgabe stellt.<br />

Hörspielgeschichtlich waren die Träume ein Beginn. Vom bisherigen Gesamtwerk Eichs<br />

aus gesehen würde ich sie – nach den frühen Arbeiten – zusammen mit El Kuwehd, Fis<br />

mit Obertönen, Sabeth und andern einer mittleren Periode zurechnen. Ein neuer<br />

Abschnitt, der bisher wichtigste, scheint mir dann mit Die Andere und ich zu beginnen.<br />

Darin und in allen folgenden Stücken wird nicht mehr überwiegend geträumt, es vollzieht<br />

sich nicht mehr etwas am Menschen und mit dem Menschen, sondern der Mensch wird<br />

aktiv: er dichtet. Das Dichten aber ist insofern das Gegenteil des Träumens, als in ihm der<br />

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