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Autor: Tilmann P - Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

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Enthüllen, je wahrhaftiger es geschieht, desto mehr das Wort zum Mittel wirksamer<br />

Kommunikation – um nicht zu sagen: Kommunion – zwischen all denen macht, die<br />

partizipieren wollen. Hierin, nicht etwa in schöpferischer Willkür, liegt am Ende die<br />

stärkste Magie des Worts: je härter es ist, desto realer wird auch die Solidarität, die es<br />

zwischen den Leidenden schafft. Und so ist denn das Vorwärtsschreiten, immer weiter<br />

hinaus in das unabsehbar Schreckliche, stets zugleich auch ein Sich-Annähern an etwas<br />

Rettendes, an das einzige Rettende in dieser Welt.<br />

Eich ist in dreierlei Hinsicht mißverstanden worden. Einmal, indem man ihn für einen<br />

Okkultisten und Fatalisten hielt, der es darauf anlegt, Geister herbeizuzitieren, statt sie zu<br />

bannen. Dann indem man, als seine Übersetzungen aus dem Chinesischen bekannt<br />

wurden ∗ , die Vermutung aussprach, der Sinologe Eich sei durch fernöstliche<br />

Seelenwanderungsmythen zu seiner auffälligsten Thematik, dem Identitätswechsel seiner<br />

Gestalten, angeregt worden. Und schließlich insofern, als man ihn für einen Surrealisten<br />

hielt, der mit wirklichkeitsfernen Visionen spielen will. Solche Interpretationen sind<br />

irreführend. Wenn es in Eichs Werk übernommenes gibt, so niemals im Sinne eines<br />

stilistischen Synkretismus, vielmehr sind sein Stil und seine Mittel völlig homogen: formal<br />

ergeben sie sich aus der Unmittelbarkeit der gesprochenen Sprache, und inhaltlich dienen<br />

sie nur einem einzigen Gedanken, nämlich uns die Wirklichkeit, die wir bestehen müssen,<br />

nahezubringen, damit wir ihr gewachsen sind.<br />

AUSEINANDERSETZUNGEN / DAS VERHÄLTNIS DES LYRISCHEN ZUM<br />

EPISCHEN THEATER<br />

Verglichen mit der funktionalen Entwertung, Entgeistigung und Entwirklichung, die ihr<br />

heute zu widerfahren pflegt, ist es ein ungeheurer Anspruch der Sprache: unsere<br />

Wirklichkeit, die sich als immer individueller und einer Beschreibung mit allgemeinen<br />

Sätzen unzugänglicher erweist, mit dem engmaschigen Netz des Worts festzuhalten und<br />

in konkreter Anwendung ein direkter Wirklichkeitszugang zu sein – ein so viel genauerer<br />

als alle Abstraktionen und ein so viel unbestechlicherer als alle ideologischen und sogar<br />

theologischen Wahrheitsansprüche.<br />

∗ Lyrik des Ostens, herausgegeben von Wilhelm Gundert, Annemarie Schimmel und Walter Schubring,<br />

Carl Hanser Verlag. Jetzt auch Chinesische Lyrik, Deutscher Taschenbuch Verlag Nr. 47.<br />

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