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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Verhin<strong>der</strong>t die Ermordung <strong>der</strong> marokkanischen Sozialisten 109<br />

Am Terrorcharakter des damaligen Prozesses hat <strong>der</strong> Bericht des<br />

Beobachters <strong>der</strong> Internationalen Juristenkommission keinen Zweifel<br />

gelassen. Die Immunität <strong>der</strong> Parlamentsabgeordneten wurde verletzt,<br />

die Angeklagten hatten monatelang keine Verbindung zur<br />

Außenwelt, auch nicht zu ihren Verteidigern, viele <strong>der</strong> Angeklagten<br />

wurden brutal gefoltert. Vor Gericht zogen die Angeklagten ihre<br />

unter <strong>der</strong> Folter erpreßten Geständnisse zurück. Die Ablehnung<br />

aller Beweisanträge <strong>der</strong> Verteidigung <strong>und</strong> die Manipulierung von<br />

Beweismaterial führten dazu, daß die Verteidiger ihre Mandate<br />

nie<strong>der</strong>legten. Über das Ergebnis des Prozesses schrieb die Neue Zürcher<br />

Zeitung: „Schlüssige Beweise för<strong>der</strong>te <strong>der</strong> monatelange Prozeß<br />

allerdings kaum zutage. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren,<br />

daß die Sache aufgebauscht wurde."<br />

Trotzdem wurden elf prominente Politiker <strong>der</strong> UNFP zum Tode<br />

verurteilt. Während einige von ihnen 1965 begnadigt wurden, hat<br />

man den Generalsekreätr <strong>der</strong> Partei, Mehdi Ben Barka, aus Paris<br />

entführt <strong>und</strong> ermordet. Das Schwurgericht von Paris hat den damaligen<br />

Innenminister Marokkos, General Oufkir, wegen persönlicher<br />

Beteiligung an <strong>der</strong> Entführung zu einem <strong>der</strong> Hauptschuldigen an<br />

diesem Verbrechen erklärt<br />

Die aus Marokko jetzt vorliegenden Nachrichten über den bevorstehenden<br />

Prozeß machen deutlich, daß nicht nur die Anschuldigungen<br />

<strong>und</strong> die angeklagten politischen Gruppen die gleichen sind,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Terrormethoden <strong>der</strong> Vorbereitung. Viele <strong>der</strong> Angeklagten<br />

sind auf offener Straße von <strong>der</strong> politischen Polizei entführt<br />

worden. Was ihnen in den Militärgefängnissen, in denen man sie bis<br />

jetzt gehalten hat, angetan worden ist, wird man in Einzelheiten erst<br />

während des Prozesses erfahren. Aber daß sie entführt <strong>und</strong> in Militärlagern<br />

inhaftiert wurden spricht dafür, daß man alles getan hat,<br />

um sie einer ordnungsgemäßen Untersuchung zu entziehen <strong>und</strong> sie<br />

<strong>der</strong> Willkür <strong>der</strong> Militärbehörden auszuliefern. Die Rechtsanwälte <strong>der</strong><br />

Angeklagten erklären öffentlich, daß sie in <strong>der</strong> Ausübung ihrer<br />

Amtspflichten behin<strong>der</strong>t werden. Die Vereinigung <strong>der</strong> marokkanischen<br />

Rechtsanwälte gibt bekannt, daß sechs Rechtsanwälte erst entführt,<br />

dann als verhaftet erklärt, einer unmenschlichen Behandlung<br />

unterworfen <strong>und</strong> schließlich eingekerkert worden seien, ohne einer<br />

regulären Jurisdiktion unterstellt zu werden. Sie erklärt die politischen<br />

<strong>und</strong> persönlichen Gr<strong>und</strong>rechte in Marokko für gefährdet. Unter<br />

Hinweis auf die wachsende politische <strong>und</strong> persönliche Rechtlosigkeit<br />

<strong>der</strong> Staatsbürger haben sich bereits im Juli 1970 die beiden großen<br />

Parteien Marokkos, <strong>der</strong> konservative Istiqlal <strong>und</strong> die sozialistische<br />

UNFP, zu einem „Nationalen Block" zur Verteidigung <strong>der</strong> demokratischen<br />

Gr<strong>und</strong>rechte zusammengeschlossen.<br />

1 Am 15. November 1970 hat die Witwe Ben Barkas einen Antrag auf<br />

Wie<strong>der</strong>aufnahme des Prozesses gestellt. In diesem Prozeß sollte das seit<br />

1967 gesammelte Beweismaterial verwertet werden. Ihr Antrag wurde<br />

abgelehnt. Anfang März hat man einen <strong>der</strong> wenigen Augenzeugen <strong>der</strong><br />

Entführung Ben Barkas, Professor Thami Azemouri, in seiner Pariser<br />

Wohnung erhängt aufgef<strong>und</strong>en.

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