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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Privatmann <strong>und</strong>. Ursprungsmythos 81<br />

eingedenk sollen nun im folgenden Formen bürgerlicher Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit Leben <strong>und</strong> Werk von Karl Marx <strong>und</strong> Friedrich<br />

Engels anhand zweier neuerer Biographien herausgearbeitet <strong>und</strong><br />

untersucht werden. Was dabei zutage tritt, interessiert nicht als<br />

Meinung <strong>und</strong> Methode des betreffenden Autors, son<strong>der</strong>n als Form<br />

bürgerlicher Rezeption des Marxismus, die zugleich seine Abwehr ist;<br />

insofern besitzt das zutage geför<strong>der</strong>te Material geschichtsphilosophisches<br />

Interesse. Denn die theoretische <strong>und</strong> organisatorische Begründung<br />

des wissenschaftlichen Sozialismus, die hier von spätbürgerlichem<br />

Bewußtsein gedeutet <strong>und</strong> verarbeitet wird, ist die Begründung<br />

<strong>der</strong> Formation, die im Begriffe ist, die Herrschaft des<br />

Bürgertums aufzuheben. Für diesen Aspekt ist nicht entscheidend,<br />

ob es sich nun um die subjektiv ehrliche Ausdeutung <strong>und</strong> Verarbeitung<br />

des Sozialismus o<strong>der</strong> um die von vornherein bewußt in den<br />

Dienst <strong>der</strong> ideologischen Bekämpfung des Sozialismus gestellte, gar<br />

käuflich o<strong>der</strong> karrieristisch gegen die bessere Einsicht verfahrende<br />

<strong>und</strong> reklamehaft auf die Wahrheit pfeifende Propaganda handelt.<br />

Die propagandistische Anstrengung <strong>der</strong> Abwehr des Sozialismus<br />

modifiziert das bürgerliche Bewußtsein bis in seine Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong><br />

in die Ausformung seiner gesamten Weltanschauung. Stück um Stück<br />

seiner eigenen Vergangenheit fällt <strong>der</strong> Verdrängung anheim, erscheint<br />

ihm feindlich <strong>und</strong> mit dem Sozialismus verschworen.<br />

II.<br />

Das Lebenswerk von Marx <strong>und</strong> Engels, die Begründung des wissenschaftlichen<br />

Sozialismus, hat eine welthistorische Epoche eröffnet,<br />

indem es die theoretischen <strong>und</strong> organisatorischen Gr<strong>und</strong>lagen schuf<br />

für die radikalste Umwälzung <strong>und</strong> Neubegründung aller gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse. Marx <strong>und</strong> Engels haben ihr Leben rückhaltlos<br />

in den Dienst <strong>der</strong> Schaffung des Neuen gestellt. Von ihrer Biographie<br />

ist demgemäß zu erwarten, daß sie den Prozeß <strong>der</strong> Erarbeitung dieses<br />

Neuen im Wechselverhältnis <strong>der</strong> sozialen Kämpfe ihrer Zeit <strong>und</strong><br />

ihres eigenen Lebenslaufs darstellt: Genesis des Werks im Wechselverhältnis<br />

seiner Autoren <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft. — Die als Rowohlt-<br />

Taschenbuch erschienene <strong>und</strong> in hoher Auflage verbreitete Engels-<br />

Biographie von Helmut Hirsch 1 hält an dieser dreipoligen Beziehung<br />

entschieden nur den Pol des Persönlichen fest. Hirsch verzichtet<br />

erstaunlich weitgehend auf die inhaltliche Analyse <strong>der</strong> theoretischen<br />

Werke <strong>und</strong> auf die Darstellung <strong>der</strong> praktisch-politischen Aufgaben<br />

<strong>und</strong> Kämpfe, denen sich Marx <strong>und</strong> Engels stellen mußten, sowie auf<br />

die Vermittlung des Werkes mit diesen Kämpfen. Entsprechend<br />

beantwortet Hirsch ohne Diskussion — <strong>und</strong> ohne sich wahrscheinlich<br />

<strong>der</strong> Problematik bewußt zu sein — die methodischen Gr<strong>und</strong>fragen<br />

des Verfassens einer Biographie: die Frage nach Arten <strong>und</strong> Informationsgraden<br />

<strong>der</strong> Auskunftsmittel, die man benutzt; die Frage nach<br />

<strong>der</strong> Seinsart des Werkes im Verhältnis zum Leben.<br />

1 Helmut Hirsch: Friedrich Engels in Selbstzeugnissen <strong>und</strong> Bilddokumenten.<br />

Rowohlts Monographien Nr. 142, Rowohlt Taschenbuch Verlag,<br />

Reinbek bei Hamburg 1968 (148 S.). — Hierauf beziehen sich die in Abschnitt<br />

II in Klammern hinter den Zitaten angegebenen Seitenzahlen.

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