02.03.2014 Aufrufe

Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Philosophie 121<br />

tungsloser Passivität <strong>und</strong> verleiht angesichts <strong>der</strong> totalen Unmöglichkeit<br />

gesellschaftlicher Praxis das beruhigende Gefühl, nichts<br />

riskieren zu müssen, weil nichts riskieren zu können.<br />

Diese treffende Charakteristik des „Grand-Hotels am Abgr<strong>und</strong>"<br />

gelingt Kofier jedoch nicht auf Gr<strong>und</strong> objektiver Analyse <strong>der</strong> spätkapitalistischen<br />

Gesellschaften, die den Schein jener reibungslos<br />

funktionierenden Mechanismen zerstören würde, son<strong>der</strong>n dadurch,<br />

daß er die Rolle des Bewußtseins <strong>der</strong> Arbeiter als treibende Kraft<br />

des revolutionären Prozesses einfach hypostasiert <strong>und</strong> an die Stelle<br />

<strong>der</strong> Ohnmacht <strong>der</strong> Subjekte gegenüber den sich mechanisch vollziehenden<br />

Prozessen setzt. Die theoretische Abhängigkeit Kofiers<br />

von Lukâcs „<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Klassenbewußtsein", die in <strong>der</strong> Psychologisierung<br />

<strong>der</strong> Begriffe Entfremdung <strong>und</strong> Verdinglichung wie in<br />

dem übermäßigen Gebrauch <strong>der</strong> ins Spekulative erweiterten Kategorie<br />

<strong>der</strong> Totalität (vgl. dazu die Einleitung zur „<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong><br />

bürgerlichen Gesellschaft" <strong>und</strong> Stanislaw Warinsky's „Die Wissenschaft<br />

von <strong>der</strong> Gesellschaft") beson<strong>der</strong>s auffällig wird, läßt auch<br />

Kofier die Verschleierung <strong>der</strong> Dialektik von Produktivkräften <strong>und</strong><br />

Produktionsverhältnissen nicht überwinden, die <strong>der</strong> gemeinsame<br />

Nenner <strong>der</strong> Theorien des frühen Lukâcs, von Horkheimer <strong>und</strong> Adorno<br />

<strong>und</strong> von Habermas ist.<br />

Veit-Michael Ba<strong>der</strong> (Berlin)<br />

Dingler, Hugo: Die Ergreifung des Wirklichen. Kapitel<br />

I—IV. Einleitung von Kuno Lorenz <strong>und</strong> Jürgen Mittelstrass. Theorie<br />

1. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1969 (275 S., br., 8,— DM).<br />

8,— DM).<br />

Der Operationalismus hat in seiner <strong>Geschichte</strong> gegraben <strong>und</strong> dabei<br />

unversehens sein Motiv aufgedeckt: den Willen zur Macht. Kriterium<br />

für das, was als Wissenschaft soll gelten dürfen, sei <strong>der</strong>en Tauglichkeit<br />

zur Herrschaft; je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Begriff von Wissenschaft wird von<br />

Dingler als „Theoretismus" denunziert <strong>und</strong> fällt unter das Verdikt<br />

über Metaphysik. „Es hat sich nun ergeben, daß auch das aktive<br />

lebendige Handeln sprachlich gefaßt werden kann. Nicht das Handeln<br />

als Objekt <strong>der</strong> Betrachtung, son<strong>der</strong>n das aktive Handeln selbst. Also<br />

nicht durch Aussagesätze o<strong>der</strong> Urteilssätze (U-Sätze). Vielmehr durch<br />

imperative Sätze o<strong>der</strong> operative Sätze (O-Sätze)" (271). Nur noch die<br />

Methode <strong>der</strong> Herrschaft, die zweckentsprechende Organisation <strong>der</strong><br />

Gewalt soll untersucht werden dürfen, ihr Zweck sei dem begründeten<br />

Urteil entzogen. „U-Sätze haben die Funktion, wahr o<strong>der</strong> falsch<br />

zu sein ... O-Sätze sind we<strong>der</strong> wahr noch falsch" (271). Über Befehle<br />

wird nicht diskutiert. Wie dem Militär <strong>der</strong> Feind, das „Gegenstehende"<br />

nur Anlaß zur Planung seiner Überwältigung ist <strong>und</strong> jede<br />

an<strong>der</strong>e Überlegung Humanitätsduselei, so gilt dem Operationalismus<br />

jede Darstellung eines Gegenstandes, die sich nicht auf die technische<br />

Gebrauchsanweisung beschränkt, als „wilde Metaphysik"; unreglementierte<br />

Erkenntnis wird zum Hochverrat. „Es zeigt sich also, daß<br />

einer bloßen Darstellung stets die Brücke zum unmittelbar Wirklichen<br />

fehlen muß, sie kann nur mittels Repräsentation arbeiten.<br />

Diese Brücke wird aber gebildet durch O-Sätze, durch die <strong>der</strong> aktive

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!