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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Psychologie 137<br />

zu sein... Deswegen ist die Familie die größte, schönste <strong>und</strong> göttlichste<br />

Aufgabe für Mann <strong>und</strong> Frau, für Vater <strong>und</strong> Mutter, für Söhne<br />

<strong>und</strong> Töchter" (140). Jedoch kann Heck we<strong>der</strong> die Konsumfreudigkeit<br />

noch die Frauenarbeit verhin<strong>der</strong>n. Er for<strong>der</strong>t <strong>und</strong> unterstützt die<br />

Einrichtung von (überwiegend kirchlichen) Kin<strong>der</strong>gärten, richtet<br />

Jugend- <strong>und</strong> Eheberatungsstellen, Mütter- <strong>und</strong> Elternschulen, Familienferienstätten<br />

u. ä. ein, um, wie er sagt, „die Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungskraft<br />

<strong>der</strong> Familie mit allen Mitteln zu stärken" (148).<br />

Es gelingt Haensch mit seiner Arbeit, die morbide <strong>und</strong> verlogene<br />

Ideologie <strong>der</strong> beiden christlich-demokratischen Unionsminister zu<br />

be- <strong>und</strong> verurteilen; es gelingt ihm, den Charakter <strong>der</strong> familienpolitischen<br />

Vorstellungen von Wuermeling <strong>und</strong> Heck richtig zu kritisieren<br />

(beson<strong>der</strong>s im Kontrast zur entsprechenden DDR-Politik, 107 <strong>und</strong><br />

121); aber es gelingt Haensch nicht, das in aller Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit<br />

<strong>und</strong> Ambivalenz für b<strong>und</strong>esrepublikanische Verhältnisse notwendige<br />

Wesen jener Familienideologie zu begreifen. Ein wichtiges Beispiel:<br />

Auf Seite 89 beruft sich Haensch auf Reichs Aussage, wonach „im<br />

Spätkapitalismus die Bedeutung quantitativer Bevölkerungspolitik<br />

im Sinne <strong>der</strong> Geburtenziffererhöhung sehr stark zurückgegangen ist,<br />

weil industrielle Reservearmeen nicht mehr benötigt werden .. .".<br />

So bleibt völlig unberücksichtigt, daß die offizielle Familienpolitik<br />

einerseits mit den Kapitalinteressen in Wi<strong>der</strong>spruch gerät, an<strong>der</strong>erseits<br />

die Interessen des Kapitals vertritt. Haensch übersieht, wie die<br />

Armee von Gastarbeitern <strong>und</strong> Frauen vom Kapital attrahiert <strong>und</strong> repelliert<br />

wird. Innerhalb dieser ständigen Bewegung <strong>und</strong> Ambivalenz<br />

ist es allerdings wenig ratsam, den „Hort" o<strong>der</strong> die „wichtigste Ordnungszelle<br />

des Staates" (Wuermeling) so konsequent abzubauen; die<br />

Frauen möchten sich eines Tages nicht mehr so leicht zurückbeor<strong>der</strong>n<br />

lassen! Bei <strong>der</strong>art wi<strong>der</strong>sprüchlichen Bedürfnissen des Kapitals (<strong>und</strong><br />

unabhängig davon, daß sich die Familienideologie mühsamer entwickelt<br />

als die Produktivkräfte) muß es schwierig sein, eine „völlige<br />

Identität <strong>der</strong> Interessen von Staat <strong>und</strong> Kapital" durchzuführen.<br />

Bleibt zu bemerken, daß Haensch die marxistische Analyse <strong>der</strong> bürgerlichen<br />

Gesellschaft falsch einschätzt, wenn er aus Engels' Bemerkung<br />

(Der Ursprung <strong>der</strong> Familie, des Privateigentums <strong>und</strong> des Staates,<br />

Vorwort), die Produktion <strong>und</strong> Reproduktion des menschlichen<br />

Lebens sei doppelter Art, nämlich „einerseits die Erzeugung von Lebensmitteln<br />

... an<strong>der</strong>erseits die Erzeugung von Menschen selbst..."<br />

folgert, „die Form <strong>der</strong> Arbeit <strong>und</strong> die Form <strong>der</strong> Fortpflanzung bestimmten<br />

in gleicher Weise die Stellung des Menschen in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

(47). Eine „Analogie zwischen <strong>der</strong> Produktion von Waren in<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Produktion von Menschen in <strong>der</strong> Familie"<br />

(Haensch) ist we<strong>der</strong> von Engels, auch nicht in oben genannter Schrift,<br />

noch von Marx entwickelt worden. Vielmehr haben beide als für alle<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse entscheidend den jeweiligen Charakter<br />

<strong>der</strong> Arbeit nachgewiesen, also die Art <strong>und</strong> Weise, durch wen <strong>und</strong><br />

für wen produziert wird. Die weiteren Beziehungen <strong>der</strong> Menschen<br />

zueinan<strong>der</strong> <strong>und</strong> zur Natur folgen <strong>und</strong> entwickeln sich daraus.<br />

Hannelore May (Berlin)

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