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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Die „Literaten- <strong>und</strong> Studenten-Revolte" 25<br />

nen. Dieser Theil legt sehr leicht einen übertriebenen Werth darauf,<br />

die Bourgeoisorganisationen mit sozialdemokratischen Glie<strong>der</strong>n zu<br />

durchsetzen, um so — gleichsam von oben herab — größere agitatorische<br />

<strong>und</strong> positive Erfolge für die Partei zu erzielen. — Die Gegenpartei<br />

leugnet diese Erfolge nicht, aber sie legt <strong>der</strong> direkten Agitation<br />

unter den Massen, <strong>der</strong> Vereinsbildung, <strong>der</strong> unmittelbaren Ideenvertretung<br />

in Wort <strong>und</strong> Schrift, von Arbeiter zu Arbeiter ohne die<br />

Dazwischenkunft eines ganz an<strong>der</strong>sartigen Mediums, einen verhältnismäßig<br />

größeren Werth bei 13 ." Die hier noch vorsichtig beschriebenen<br />

Gegensätze verschärften sich im Laufe des Jahres 1890 im Zusammenhang<br />

mit anstehenden wichtigen taktischen Entscheidungen<br />

<strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> durch den Fall des Sozialistengesetzes bedingten<br />

neuen Situation <strong>der</strong> Partei.<br />

Die Reichstagswahl-Ergebnisse vom Februar des Jahres <strong>und</strong> das<br />

nahe Ende des Sozialistengesetzes gaben <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Arbeiterbewegung<br />

ein „gehobenes Machtgefühl" 14 <strong>und</strong> hatten so nicht nur<br />

eine positive Wirkung auf die Stärke <strong>und</strong> Dauer <strong>der</strong> Streikbewegungen,<br />

son<strong>der</strong>n för<strong>der</strong>ten auch die von Schippel charakterisierten<br />

oppositionellen Vorstellungen vom direkten Handeln <strong>der</strong> Massen.<br />

Die Auseinan<strong>der</strong>setzungen <strong>der</strong> wachsenden Opposition mit <strong>der</strong> von<br />

<strong>der</strong> Reichstagsfraktion geleiteten Mehrheit entbrannten im Laufe<br />

des Jahres 1890 an zwei wichtigen konkreten Fragen: <strong>der</strong> Stellung<br />

zur Maifeier <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausarbeitung eines Organisationsstatuts.<br />

Der internationale Sozialisten-Kongreß in Paris vom Juli 1889<br />

hatte beschlossen, am 1. Mai des kommenden Jahres eine große internationale<br />

Demonstration für den achtstündigen Arbeitstag auszulösen.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> verbreiteten weitgehend spontanen gewerkschaftlichen<br />

<strong>und</strong> sozialdemokratischen Vorkehrungen für die Demonstration<br />

erfolgte Ende März (1890) ein Aufruf einer Reihe Berliner<br />

Sozialdemokraten 15 , unter denen sich Schippel <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Oppositionelle<br />

befanden, für die Arbeitsnie<strong>der</strong>legung am 1. Mai. Aus<br />

Fraktionskreisen wurde auf dieses selbständige Vorgehen <strong>der</strong> Berliner<br />

Organisation sofort eine Rüge erteilt <strong>und</strong> die Empfehlung an<br />

die Parteigenossen ausgesprochen, „nicht eher Schritte in dieser Angelegenheit<br />

zu tun, bis die Fraktion, als Vertreterin <strong>der</strong> Partei, gesprochen<br />

hat" 16 . Ein Fraktionsbeschluß vom 13. April schließlich<br />

riet von einer allgemeinen Arbeitsruhe ab, <strong>und</strong> die Demonstrationen<br />

am 1. Mai waren in Deutschland im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />

von geringerer Bedeutung. Für die Opposition hatte die Maifeier-<br />

Bewegung die Möglichkeit einer gigantischen punktuellen Interessenvertretung<br />

durch das Proletariat selbst unter Ausschaltung aller<br />

13 Berliner Volks-Tribüne, 2. Jg. (1888), Nr. 14.<br />

14 Paul Kampffmeyer, a.a.O., S. 74.<br />

15 S. Hans Müller, a.a.O., S. 71, Auszüge aus dem Aufruf. Vgl. dort auch<br />

die weitere Dokumentation zur Frage <strong>der</strong> Maifeier.<br />

16 Hans Müller, a.a.O., S. 72. Vgl. auch: Berliner Volks-Tribüne, 4. Jg.<br />

(1890), Nr. 16 mit dem Text des Beschlusses des Pariser Kongresses <strong>und</strong><br />

dem Aufruf <strong>der</strong> Berliner Opposition.

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