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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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146 Besprechungen<br />

neuentstandene politische Gebilde nun auch seine endgültige <strong>und</strong> bestimmende<br />

politische Struktur, mit Schwerindustrie, Junkern, Heer<br />

<strong>und</strong> Bürokratie als tragenden Machtsäulen. Ohne Zweifel ist <strong>der</strong><br />

überaus beschleunigte sozio-ökonomische Umbruch um die Jahrh<strong>und</strong>ertmitte<br />

ein spezifisches Charakteristikum <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> <strong>Geschichte</strong><br />

<strong>und</strong> erklärt wesentliche Züge ihres weiteren Ganges bis in<br />

die Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts hinein. Daß die inneren Spannungen<br />

des Bismarckreiches mit einiger Notwendigkeit zu bedrohlichen politischen<br />

Erstarrungserscheinungen führen mußten, wird in den Beiträgen<br />

ebenso deutlich wie die Gründe für das politisch so folgenreiche<br />

Versagen <strong>der</strong> kleinbürgerlich-demokratischen Bewegung (Weber,<br />

Winkler). An den Folgen haben wir noch immer zu tragen.<br />

Gerade deshalb ist es aber auch wichtig, daß die Geschichtswissenschaft<br />

sich mit den Fragestellungen <strong>und</strong> Instrumenten ausstattet, die<br />

es erlauben, den historischen Stellenwert dieser Epoche richtig einzuschätzen.<br />

Neben dem in <strong>der</strong>selben Reihe erschienenen <strong>und</strong> von<br />

H. U. Wehler herausgegebenen Rea<strong>der</strong> über „Mo<strong>der</strong>ne deutsche<br />

Sozialgeschichte" <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aufsatzsammlung von Eckart Kehr bietet<br />

dieser Band eine Reihe von Analysen, die gerade für sozialwissenschaftlich<br />

arbeitende Nicht-Historiker von beson<strong>der</strong>em Interesse sein<br />

müssen.<br />

Joachim Hirsch (Frankfurt/Main)<br />

Rosenberg, Hans: Große Depression <strong>und</strong> Bismarckzeit.<br />

Wirtschaftsablauf, Gesellschaft <strong>und</strong> Politik in Mitteleuropa.<br />

Verlag de Gruyter, Berlin 1967 (301 S., Ln., 28,— DM).<br />

Der 1933 emigrierte, jetzt in Berkely lehrende Historiker vermeidet<br />

positivistische Faktenhuberei. Statt dessen versucht er, mit Hilfe<br />

des konjunkturtheoretischen Modells <strong>der</strong> „langen Wechsellagen"<br />

(ausgehend von Kondratieff, hier im Sinne von S. Kuznets verwandt)<br />

die „chronische innere Krise des <strong>deutschen</strong> Kaiserreiches" (264) neu<br />

zu interpretieren. Sein Verdienst ist also zunächst methodischer Natur.<br />

Denn bis dato hält die Historiker-Zunft in Westdeutschland auf<br />

ein säuberliches Nebeneinan<strong>der</strong> von Wirtschaftsgeschichte einerseits<br />

<strong>und</strong> von politischer <strong>und</strong> Sozialgeschichte an<strong>der</strong>erseits <strong>und</strong> klammert<br />

sozialwissenschaftliche Fragestellungen weitgehend aus. (Eine Ausnahme<br />

macht wohl nur H. U. Wehler. Auch das Programm einer<br />

„Strukturgeschichte des technisch-industriellen Zeitalters" — von<br />

W. Conze — respektiert diese Trennung.)<br />

Da Rosenberg mehr ein Forschungsvorhaben skizziert als Ergebnisse<br />

vorlegt, ist die Konstruktion des Ansatzes ein vordringliches<br />

Problem. Als Haupttrends <strong>der</strong> „Großen Depression" zwischen 1873<br />

<strong>und</strong> 1896 werden das langsame Wachstum <strong>der</strong> industriellen Produktion<br />

sowie die Stagnation <strong>der</strong> Landwirtschaft bezeichnet. Es bleibt<br />

offen, wie sich die tatsächlichen Profite entwickelten. Waren nicht<br />

die „Großen" — ähnlich <strong>der</strong> öffentlichen Hand — eher Nutznießer<br />

<strong>der</strong> Krise? Ebenfalls unzureichend ist die These, das Reallohnniveau<br />

sei während <strong>der</strong> Depression kontinuierlich gestiegen (45 ff.). Sie überdeckt<br />

die noch immer nicht befriedigend geschlossene — verbal auch

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