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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Erich Matthias' Apologie <strong>der</strong> SPD-Entwicklung 61<br />

Kooperation zwischen Kommunisten <strong>und</strong> Nationalsozialisten hinzuweisen.<br />

Einer Nachprüfung an Hand von — übrigens leicht zugänglichem<br />

— Quellenmaterial halten die angeführten Beispiele, nämlich<br />

das „Paktieren mit den Nationalsozialisten gegen die geschäftsführende<br />

Regierung Braun im preußischen Landtag Anfang<br />

Juni 1932 <strong>und</strong> das nationalsozialistisch-kommunistische Bündnis im<br />

BVG-Streik vom Herbst 1932" 24 nicht stand. Es läßt sich, wenn man<br />

die Protokolle des Preußischen Landtages für die angegebene Zeit<br />

heranzieht, jedenfalls kein Hinweis finden, <strong>der</strong> auf Absprachen <strong>der</strong><br />

Kommunisten mit den nationalsozialistischen Landtagsvertretern in<br />

irgendeinem Punkt hindeuten könnte. (Und nur auf Absprachen wäre<br />

<strong>der</strong> von Matthias verwandte Begriff des Paktierens sinnvoll!) Feststellen<br />

läßt sich dagegen eindeutig, daß die kommunistischen Landtagsabgeordneten<br />

sich in allen Punkten, in denen sowohl die Kommunisten<br />

als auch die Nationalsozialisten gegen die geschäftsführende<br />

Regierung Braun opponierten, eindeutig von den Nationalsozialisten<br />

distanzierten 25 .<br />

Der Verlauf des Berliner Verkehrsarbeiterstreiks im November<br />

1932, wie er sich an Hand des „Vorwärts", <strong>der</strong> „Roten Fahne" <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Sitzungsprotokolle des Preußischen Landtages verfolgen läßt,<br />

zeigt, daß das, was Matthias — in Übereinstimmung mit den Interpretationen<br />

<strong>der</strong> 1932 beteiligten führenden Sozialdemokraten — als<br />

„nationalsozialistisch-kommunistisches Bündnis" kennzeichnet, <strong>der</strong><br />

Versuch <strong>der</strong> kommunistischen Partei war, neben Unorganisierten <strong>und</strong><br />

im ADGB organisierten Verkehrsarbeitern auch nationalsozialistisch<br />

organisierte Arbeiter aktiv in den von <strong>der</strong> KPD wesentlich initiierten<br />

Streik einzubeziehen. Daß sich zunächst aus wahltaktischen Gründen<br />

die Leitung <strong>der</strong> „Nationalsozialistischen Betriebszellen-Organisation"<br />

(NSBO) dem Streik anschloß, ist um so weniger als „nationalsozialistisch-kommunistisches<br />

Bündnis" zu bezeichnen, als die<br />

Kommunisten es von Beginn des Streiks an eindeutig als ihre Absicht<br />

erklärt hatten, nationalsozialistische Arbeiter durch politische Aufklärung<br />

während des Streiks von <strong>der</strong> NSDAP zu lösen 26 .<br />

Die These von <strong>der</strong> Zusammenarbeit von Nationalsozialisten <strong>und</strong><br />

Kommunisten erweist sich also als Geschichtsfälschung. Ihre Funktion<br />

für Matthias ist offensichtlich: wird auf <strong>der</strong> einen Seite behauptet,<br />

daß die Kommunistische Partei dem <strong>deutschen</strong> Faschismus nicht<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich ablehnend gegenüberstand, dann kann dagegen die<br />

Sozialdemokratie um so leichter als die Partei hervorgehoben wer-<br />

24 a.a.O., S. 158. Zu <strong>der</strong> von Matthias erwähnten „Beteiligung <strong>der</strong> Kommunisten<br />

am preußischen Volksentscheid im Sommer 1931" (S. 158) ist zu<br />

sagen, daß sich das ZK <strong>der</strong> KPD tatsächlich unter dem Einfluß ultralinker<br />

Kräfte gegen starke Wi<strong>der</strong>stände dazu hatte bringen lassen, den von den<br />

Faschisten initiierten Volksentscheid zu unterstützen. Es wäre jedoch<br />

unrichtig, diese Entscheidung, so fehlerhaft sie war, als Ausdruck <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

mit den Nationalsozialisten zu werten.<br />

25 Sitzungsprotokolle des Preußischen Landtages, 4. Sitzung am 2. Juni<br />

bis 12./13. Sitzung am 24. Juni 1932.<br />

26 Rote Fahne, 2. <strong>und</strong> 3. November 1932.

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