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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Erich Matthias' Apologie <strong>der</strong> SPD-Entwicklung 71<br />

Otto Wels zum Ermächtigungsgesetz Bedenken gegen die Interpretation<br />

anzumelden, die SPD habe sich „uneingeschränkt zu den<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>der</strong> versunkenen parlamentarischen Demokratie <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Verfassung von Weimar bekannt 61 ". Diese Rede, in <strong>der</strong> kein<br />

Wort über die Ausschaltung <strong>der</strong> KPD aus dem Reichstag fällt, enthält<br />

Passagen, die als Versuch ausgelegt werden können 62 , durch Betonung<br />

von partieller Übereinstimmung mit <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> Nationalsozialisten<br />

sich in diesem faschistischen Staat auf irgendeine Weise zu<br />

arrangieren. Dies trifft für den ersten Teil <strong>der</strong> Rede zu, in dem Wels<br />

hervorhebt, daß sich die SPD mit den außenpolitischen Zielsetzungen<br />

Hitlers einverstanden erkläre:<br />

Der außenpolitischen For<strong>der</strong>ung deutscher Gleichberechtigung,<br />

die <strong>der</strong> Herr Reichskanzler erhoben hat, stimmen wir Sozialdemokraten<br />

um so nachdrücklicher zu, als wir sie bereits von jeher<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich verfochten haben. Ich darf mir wohl in diesem Zusammenhang<br />

die persönliche Bemerkung gestatten, daß ich als<br />

erster Deutscher vor einem internationalen Forum, auf <strong>der</strong> Berner<br />

Konferenz am 3. Februar des Jahres 1919 <strong>der</strong> Unwahrheit von <strong>der</strong><br />

Schuld Deutschlands am Ausbruch des Weltkrieges entgegengetreten<br />

bin ... Der Herr Reichskanzler hat auch vorgestern in Potsdam einen<br />

Satz gesprochen, den wir unterschreiben. Er lautet: ,Aus dem Aberwitz<br />

<strong>der</strong> Theorie von ewigen Siegern <strong>und</strong> Besiegten kam <strong>der</strong> Wahnwitz<br />

<strong>der</strong> Reparationen <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Folge die Katastrophe <strong>der</strong> Weltwirtschaft'«<br />

3 ."<br />

Dies gilt ebenso für die Stelle seiner Rede, an <strong>der</strong> Wels indirekt den<br />

Terror gegen die Kommunisten rechtfertigt, indem er feststellt:<br />

„... Mag sich die Regierung gegen rohe Ausschreitungen <strong>der</strong> Polemik<br />

schützen, mag sie Auffor<strong>der</strong>ungen zu Gewalttaten <strong>und</strong> Gewalttaten<br />

selbst mit Strenge verhin<strong>der</strong>n. Das mag geschehen, wenn<br />

es nach allen Seiten gleichmäßig <strong>und</strong> unparteiisch geschieht <strong>und</strong><br />

wenn man es unterläßt, besiegte Gegner zu behandeln, als seien sie<br />

vogelfrei... 84 ."<br />

Es ist nicht zufällig, wenn Matthias aus eben dieser Rede nur einige<br />

kurze Sätze zitiert, die seine These von <strong>der</strong> Sozialdemokratie als „<strong>der</strong><br />

letzten isolierten Verteidiger(in) <strong>der</strong> Weimarer Ordnung, die das<br />

Ermächtigungsgesetz ablehnte 65 " stützen sollen, während er auf den<br />

Inhalt <strong>der</strong> oben angeführten Zitate nicht zu sprechen kommt.<br />

Als ein zweites Beispiel für parteiische Wie<strong>der</strong>gabe von politischen<br />

Ereignissen sei die Darstellung des Konfliktes <strong>der</strong> Berliner Sozialistischen<br />

Arbeiter-Jugend (SAJ) mit <strong>der</strong> Berliner Parteiführung <strong>und</strong><br />

61 a.a.O.<br />

62 In diesem Sinne auch Theo Pirker, in: Die SPD nach Hitler. Die<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1945—1964.<br />

63 Stenographische Berichte des Deutschen Reichstages, 2. Sitzung vom<br />

23. März 1933, Spalte 32.<br />

64 a.a.O., Sp. 33.<br />

65 Erich Matthias, Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, S. 196.

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