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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Soziale Bewegung <strong>und</strong> Politik 169<br />

<strong>und</strong> die mit <strong>der</strong> zunehmenden politischen Festigung dieser Partei<br />

sich auch organisatorisch verselbständigten, werden in dieser sorgfältigen<br />

<strong>und</strong> sachhaltigen Arbeit erstmals umfassend dargestellt. Der<br />

Einschätzung <strong>der</strong> Bedeutung dieser wesentlich antiautoriätren Gruppierungen,<br />

die Bock gelegentlich <strong>der</strong> Charakterisierung des Sozialrebellentums<br />

von Max Hoelz formuliert, ist zuzustimmen: „sie sind<br />

in dem Sinne vor-politisch, daß sie nicht die staatliche Gewalt anstreben,<br />

daß sie objektiv auch gar nicht fähig sind, eine ganze Gesellschaftsordnung<br />

umzustürzen. Dieser vor-politische Charakter des<br />

Sozialrebellentums ist Hoelz <strong>und</strong> einem beträchtlichen Teil des <strong>deutschen</strong><br />

Linksaktivismus eigen, obwohl sie mit revolutionär-klassenkämpferischem<br />

Anspruch auftraten" (314). Der theoretische Rahmen<br />

<strong>der</strong> Darstellung von Bock — falls ich ihn richtig erschlossen habe —<br />

bedürfte <strong>der</strong> Kritik: Die Deutung des Ursprungs des Linksradikalismus<br />

in <strong>der</strong> Vorkriegs- <strong>und</strong> Kriegssozialdemokratie folgt weithin <strong>der</strong><br />

eigenen Motivation dieser Oppositionsgruppen: <strong>der</strong> des Anti-Bürokratismus<br />

<strong>und</strong> Anti-Zentralismus. Diese Betrachtungsweise ist in den<br />

Analysen <strong>der</strong> linksradikalen Strömungen <strong>der</strong> Nachkriegszeit — trotz<br />

<strong>der</strong> ausdrücklichen „Erweiterung" <strong>der</strong> Perspektive für diese Periode<br />

(84) — keineswegs völlig überw<strong>und</strong>en. Erst die systematische Reflexion<br />

auf die gesellschaftlichen Ursachen einer politisch unangemessenen<br />

Verselbständigung zentraler Parteileitungen — also eine<br />

im kritischen Sinne organisationssoziologische Betrachtung —<br />

könnte, wie Bemerkungen bei Bock selber zeigen, jene Unvollkommenheiten<br />

im Organisationsgefüge <strong>der</strong> Arbeiterpartei deutlich machen,<br />

zu <strong>der</strong>en Überwindung es nicht einer geringeren Quantität,<br />

son<strong>der</strong>n einer besseren Qualität zentraler politischer Organisation<br />

bedarf.<br />

K. H. Tjaden (Marburg)<br />

Leichter, Otto: Zwischen zwei Diktaturen. Österreichs<br />

Revolutionäre Sozialisten 1934—1938. Europa Verlag, Wien, Frankfurt,<br />

Zürich 1968 (468 S., Ln., 30,—DM).<br />

In dem Buch „Zwischen zwei Diktaturen" gibt Leichter eine interessante,<br />

materialreiche Darstellung des Kampfes <strong>der</strong> Revolutionären<br />

Sozialisten, <strong>der</strong> illegalen Nachfolgeorganisation <strong>der</strong> österreichischen<br />

Sozialdemokratie, die auch über die Einzelheiten des Unterganges <strong>der</strong><br />

ersten österreichischen Republik informiert.<br />

Leichter war nach 1919 Mitarbeiter <strong>der</strong> theoretischen Zeitschrift<br />

<strong>der</strong> Austromarxisten „Der Kampf" <strong>und</strong> ab 1925 Redakteur <strong>der</strong> Wiener<br />

„Arbeiterzeitung". Nach 1934 bemühte er sich vor allem um die illegale<br />

Publizistik <strong>der</strong> Gewerkschaften. Er gehört also zu den Akteuren <strong>und</strong><br />

Leidtragenden jener Phase <strong>der</strong> österreichischen <strong>Geschichte</strong>. Wer freilich<br />

erwartet, ein Mitarbeiter Otto Bauers müsse die Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong><br />

österreichischen Arbeiterbewegung zum Gegenstand einer marxistischen,<br />

gesellschaftspolitischen Analyse machen, wird enttäuscht. Auch<br />

verzichtet Leichter auf eine naheliegende ausdrückliche Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit Buttingers Buch „Am Beispiel Österreichs" (Köln 1953).<br />

Offenbar wollte Leichter wohl <strong>der</strong> alten österreichischen Arbeiter-

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