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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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136 Besprechungen<br />

Struktur <strong>der</strong> Familie unterstützen <strong>und</strong> vor Auflösungserscheinungen<br />

retten wollten.<br />

Haensch schreibt in seiner Einleitung, daß die bürgerliche Sexualmoral<br />

<strong>und</strong> Familienideologie durchaus in Wi<strong>der</strong>spruch zu den Interessen<br />

des Kapitals geraten könne, läßt aber in seiner Schlußbemerkung<br />

Unsicherheit darüber erkennen, ob man überhaupt von „einer<br />

völligen Identität <strong>der</strong> Interessen von Staat <strong>und</strong> Kapital ausgehen"<br />

kann. Er neigt zu <strong>der</strong> Ansicht, die Aushöhlung <strong>der</strong> traditionellen<br />

Familie gefährde die politische Absicherung des kapitalistischen<br />

Systems, „weil die Lockerung <strong>der</strong> autoritären Verhältnisse letztlich<br />

zur Aushöhlung <strong>der</strong> staatlichen Autorität führt". Zwar wird im Text<br />

sehr deutlich, wie sich die Familienideologie <strong>der</strong> beiden CDU-Minister<br />

von 1953 bis 1968 unter dem Druck <strong>der</strong> Kapitalinteressen gewandelt<br />

hat, wie teilweise verspätet Positionen aufgegeben wurden (etwa<br />

Wuermelings kuriose Mutterschaftsideologie <strong>und</strong> Ablehnung <strong>der</strong><br />

Frauenarbeit) <strong>und</strong> wie spätestens durch den Personenwechsel (ab<br />

1962: Bruno Heck) <strong>und</strong> schlimmstenfalls zähneknirschend (<strong>der</strong> Konsum<br />

verdirbt die Jugend) Maßnahmen in die Wege geleitet werden,<br />

die den verän<strong>der</strong>ten Produktionsbedingungen entsprechen; diese Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

<strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen werden jedoch nur oberflächlich<br />

untersucht. Entsprechend seinem eigenen Anspruch betreibt Haensch<br />

eine ideologiekritische Analyse, welche die Ideologie nur am Rande<br />

an <strong>der</strong> Realität, im wesentlichen aber an den Ergebnissen <strong>der</strong> Ideologiekritik<br />

von Reich <strong>und</strong> Horkheimer mißt. Begründet wird dieses<br />

Verfahren damit, daß Reich die bürgerliche Sexualideologie einer<br />

Zeit untersuchte, in <strong>der</strong> Wuermeling <strong>und</strong> Heck groß wurden.<br />

Somit unterliegt diese Arbeit <strong>der</strong> Gefahr von Ideologisierung <strong>und</strong><br />

Personalisierung. Die teilweise absurden <strong>und</strong> ulkigen Zitate von<br />

Josef Wuermeling über „sittlich-ethische" Werte, die Mutter in ihrer<br />

gottgewollten Rolle u. ä. geben mehr Einblick in dessen Bewußtsein<br />

als in seine Politik. Auch die ökonomische Funktion von Wuermelings<br />

Konsumfeindlichkeit <strong>der</strong> fünfziger Jahre als Verzichtsideologie<br />

für die Werktätigen (102) kann über ihre geringe Bedeutung nicht<br />

hinwegtäuschen. Es entsteht <strong>der</strong> Eindruck, die Ideologie sei nötig für<br />

den Verzicht, wo doch <strong>der</strong> Verzicht durch die Not erzwungen war.<br />

Aufschlußreich sind dagegen Wuermelings Vorstellungen über „sozial-kulturelle<br />

Gerechtigkeit", nach denen die Mittelschichten mit<br />

Kin<strong>der</strong>geldvergünstigungen beson<strong>der</strong>s bedacht werden <strong>und</strong> ein „Abfall"<br />

in nie<strong>der</strong>e soziale Gruppen verhin<strong>der</strong>t werden soll. Hier wie in<br />

seiner extrem antikommunistischen <strong>und</strong> „antikollektivistischen" Propaganda<br />

erweist sich Wuermeling als echter Mittelstandspolitiker<br />

<strong>der</strong> Adenauer-Regierung.<br />

Heck hält diese Ideologie aufrecht, erkennt aber die „Gefahren"<br />

<strong>der</strong> „mo<strong>der</strong>nen Industriegesellschaft", den Zerfall <strong>der</strong> „patriarchalisch-autoritären<br />

Familienstruktur" sowie von Sitte <strong>und</strong> Moral. Er<br />

sieht die verdinglichten Beziehungen <strong>der</strong> Menschen unter den herrschenden<br />

Verhältnissen <strong>und</strong> will über Eheberatung, Jugendorganisation<br />

<strong>und</strong> kirchliche Fürsorge je<strong>der</strong> Art ihnen entgegenwirken, denn:<br />

„Der Mensch in <strong>der</strong> Familie ist berufen, Abbild <strong>und</strong> Partner Gottes

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