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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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22<br />

Hans Manfred Bock<br />

Die „Literaten- <strong>und</strong> Studenten-Revolte"<br />

<strong>der</strong> Jungen in <strong>der</strong> SPD um 1890<br />

i.<br />

Die wissenschaftliche <strong>Geschichtsschreibung</strong> zur Arbeiterbewegung<br />

ist mangels methodologischer Reflexion in ständiger Versuchung, die<br />

Wert-Kategorien <strong>der</strong> historischen Selbstdarstellung ihres jeweiligen<br />

Objektes zu übernehmen. Zumal im Falle <strong>der</strong> SPD gibt es wenige<br />

Ansätze historiographischer Emanzipation von <strong>der</strong> Perspektive des<br />

historischen Selbstverständnisses <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Sozialdemokratie. So<br />

teilt die akademische Historiographie insbeson<strong>der</strong>e die negative Voreingenommenheit<br />

<strong>der</strong> SPD gegenüber den dissidenten Gruppierungen<br />

in ihrer <strong>Geschichte</strong>. Aus dieser Befangenheit hat man vermutlich<br />

auch den Mangel an Untersuchungen zu den Oppositions-Bewegungen<br />

in <strong>der</strong> frühen Sozialdemokratie zu erklären. Die erste linke<br />

Opposition, die sich zu Beginn des Sozialistengesetzes (1878—1890)<br />

um Johann Mösts Exil-Organ „Freiheit" bildete, fand ihre Geschichtsschreiber<br />

in <strong>der</strong> anarchistischen Tradition in Deutschland 1 ,<br />

die Mösts Opposition zum Bestandteil ihres historischen Selbstverständnisses<br />

machte. Die zweite <strong>und</strong> relativ größere Oppositions-<br />

Bewegung in <strong>der</strong> SPD gegen Ende des Sozialistengesetzes, die Opposition<br />

<strong>der</strong> „Jungen" um 1890, fand ihren Historiographen bis heute<br />

we<strong>der</strong> im sozialdemokratischen noch im anarchistischen Lager 2 , <strong>und</strong><br />

die wissenschaftliche Literatur begnügte sich mit dem Verdikt, die<br />

Theorie <strong>der</strong> „Jungen" verdiene „kein selbständiges Interesse" 3 . Die<br />

Überprüfung dieses apodiktischen Urteils scheint gegenwärtig um so<br />

notwendiger, als in Teilen <strong>der</strong> studentischen Protest-Bewegung nachweislich<br />

Interesse an <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Theorie <strong>der</strong> Opposition <strong>der</strong> Jun-<br />

1 Rudolf Rocker, Johann Most. Das Leben eines Rebellen, Berlin 1924;<br />

Max Nettlau, Anarchisten <strong>und</strong> Sozialrevolutionäre <strong>der</strong> Jahre 1880 bis 1886,<br />

Berlin 1931. Vgl. auch Ernst Drahn, Johann Most. Eine Bio-Bibliographie,<br />

Berlin 1925.<br />

2 Im unveröffentlichten IV. Band <strong>der</strong> historischen Anarchismus-Studien<br />

Max Nettlaus ist eine kurze Skizze <strong>der</strong> Bewegung enthalten. S. Nachlaß<br />

Max Nettlau im Internationalen Institut für Sozialgeschichte, Amsterdam.<br />

Eine Materialsammlung des Anarchisten Albert Weidner war dem<br />

Verfasser nicht auffindbar.<br />

3 Gerhard A. Ritter, Die Arbeiterbewegimg im Wilhelminischen Reich.<br />

Die Sozialdemokratische Partei <strong>und</strong> die Freien Gewerkschaften 1890—1900,<br />

Berlin 1963, S. 83.

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