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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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112 Besprechungen<br />

liehen Gesamtentwicklung begreifen läßt (116). Wie Tökei belegt,<br />

haben Marx <strong>und</strong> Engels die asiatische Produktionsweise jedoch nicht<br />

als eine <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>formationen angesehen, vielmehr als eine Übergangsform,<br />

die da, wo die Entwicklung typisch verlief, kaum in Erscheinung<br />

treten konnte.<br />

Was als typisch zu gelten hat, bestimmt sich für Marx vor allem<br />

nach den Eigentumsformen (46 ff.). Marx unterscheidet drei vorkapitalistische<br />

Formen des Gr<strong>und</strong>eigentums: 1. das urgemeinschaftliche<br />

Gemeineigentum an Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden (asiatische Form), 2. das private<br />

Eigentum auf Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Zugehörigkeit zu einem Gemein-*<br />

wesen (antike Form), 3. das private Eigentum als Voraussetzung<br />

einer Vereinigung zum Gemeinwesen (germanische Form). Tökei<br />

bemüht sich zu zeigen, daß diese drei Eigentumsformen, wenngleich<br />

historisch unabhängig voneinan<strong>der</strong> <strong>und</strong> immer vom Stammgemeineigentum<br />

ausgehend entstanden, dennoch Kettenglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> menschlichen<br />

Entwicklung darstellen, nämlich des Prozesses <strong>der</strong> Verselbständigung<br />

des Individuums, seiner Loslösung von <strong>der</strong> Nabelschnur<br />

<strong>der</strong> natürlichen Gemeinschaft (59). Welche Eigentumsform jeweils<br />

entsteht, hängt von vielen inneren <strong>und</strong> äußeren Bedingungen ab.<br />

Jedoch kann z. B. das feudale Privateigentum an Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden<br />

nicht unmittelbar aus dem Stammgemeineigentum entspringen; zu<br />

dieser Freisetzung des Individuums bedarf es vielmehr <strong>der</strong> Vermittlung<br />

durch die antike Eigentumsform. Hingegen ist es möglich, daß<br />

die Entwicklung im Übergang von einer Form zur an<strong>der</strong>en stagniert.<br />

Ausdruck einer solchen Stagnation ist die asiatische Produktionsweise.<br />

Sie entsteht, wenn das Gemeineigentum an Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden,<br />

das die Urgesellschaft kennzeichnet, in den einzelnen autarken Dörfern<br />

erhalten bleibt, an<strong>der</strong>erseits aber mit dem Übergang zum Ackerbau<br />

überregionale ökonomische Aufgaben, wie Bewässerung, Dammbau<br />

etc. aufkommen, denen, bei dem gegebenen Entwicklungsstand<br />

<strong>der</strong> Zivilisation, nur eine Zentralmacht gerecht werden kann, die aus<br />

Steuern existiert, zu <strong>der</strong>en Einziehung eine Beamtenaristokratie unerläßlich<br />

ist. Tökei plädiert dafür, sich von <strong>der</strong> Tatsache, daß wir es<br />

hier mit einer Klassengesellschaft auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage von Gemeineigentum<br />

zu tun haben, nicht durch die Versuche einer Übertragung<br />

des Schemas <strong>der</strong> asiatischen Bürokratie auf die sozialistische Gesellschaft,<br />

wie sie sich etwa bei Wittfogel o<strong>der</strong> Djilas finden, ablenken<br />

zu lassen. Eine <strong>der</strong>artige Gleichsetzung sei ahistorisch <strong>und</strong> daher unmarxistisch<br />

(79 f.). Es verhalte sich vielmehr so, daß <strong>der</strong> Charakter<br />

des Sozialismus als eines Weltsystems die beson<strong>der</strong>en Bedingungen,<br />

die zur asiatischen Klassengesellschaft geführt hatten, gerade ausschließt<br />

(83).<br />

Bleibt die gesellschaftliche Entwicklung in einer Übergangsform<br />

stecken, so bedeutet das nicht einfach Stillstand, son<strong>der</strong>n ein Abweichen<br />

vom typischen Weg. Es wird gewissermaßen ein Nebenweg<br />

eingeschlagen, <strong>der</strong> nur durch den Kapitalismus <strong>und</strong> konsequent erst<br />

durch den Sozialismus in den Lauf <strong>der</strong> gesamtmenschlichen Entwicklung<br />

zurückgeführt werden kann. Tökei verdeutlicht diese These in<br />

einem eigenen Kapitel am Beispiel Chinas. Wegen <strong>der</strong> Isolation, in

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