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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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172 Besprechungen<br />

er abzusichern <strong>und</strong> zu ergänzen versucht durch Verarbeitung einiger<br />

Literatur über die <strong>und</strong> aus <strong>der</strong> DDR. Das Ergebnis seines Bemühens<br />

ist ungleichwertig.<br />

D. bietet keine Analysen, die über das Impressionistische hinaus<br />

soziologisch, ökonomisch o<strong>der</strong> politologisch überzeugend f<strong>und</strong>iert<br />

sind. Erstaunlich ist jedoch, daß er geradezu intuitiv zu Einsichten<br />

gelangt, die, zumindest so klar <strong>und</strong> explizit formuliert, selbst die<br />

bessere DDR-Literatur <strong>der</strong> BRD oft vermissen läßt. Dafür zwei beliebige<br />

Beispiele: „Es wird auch nicht soviel gebuckelt wie im Westen.<br />

Das Verhältnis zwischen Öffentlichkeit <strong>und</strong> Polizei scheint gelockerter,<br />

obwohl die DDR den Ruf eines Polizeistaates hat. Irgendwie<br />

scheint es mehr Anzeichen einer Demokratie im kleinen Bereich zu<br />

geben als in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik mit ihrer unbestritten demokratischen<br />

Regierungsfront (224)." O<strong>der</strong>: „Die Volksarmee trägt zwar Uniformen<br />

ähnlich jenen <strong>der</strong> Wehrmacht <strong>und</strong> marschiert im preußischen<br />

Stechschritt, aber sie hat in <strong>der</strong> Tat weniger Vergangenheit zu überwinden<br />

als die B<strong>und</strong>eswehr (278)." Die Verbreitung solcher Einsichten<br />

wäre in <strong>der</strong> BRD nicht weniger dringlich als in den USA, wo die<br />

Originalausgabe des Buches erschien. Nur: sie werden nicht formuliert<br />

als Ergebnisse erkenntnisför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Teilanalysen, son<strong>der</strong>n<br />

stehen nicht selten unvermittelt neben Belanglosem. Das min<strong>der</strong>t die<br />

sonst mögliche aufklärende Wirkung. Dazu tragen auch an<strong>der</strong>e Eigenheiten<br />

bei <strong>und</strong> stabilisieren eher Vorurteile, anstatt sie abzubauen.<br />

So etwa <strong>der</strong> Gebrauch von Termini aus dem Standardreservoir<br />

des bornierten Journalismus: „Kommunistenhäuptling" (Ulbricht),<br />

„SED-Apparatschik", „marxistisches Parteichinesisch" u. a .m.<br />

o<strong>der</strong> die Vorliebe des Autors für durchaus nicht immer geistvolle<br />

DDR-Witze. Negativ klischeehaften Formulierungen („Wo Propaganda<br />

<strong>und</strong> Agitation nicht imstande sind, <strong>der</strong> ost<strong>deutschen</strong> Gesellschaft<br />

das Image des ,neuen Menschen' zu verleihen, dort hilft das<br />

Regime mit Polizei, Gerichten <strong>und</strong> Gefängnissen nach." 240) steht<br />

an<strong>der</strong>erseits die unkritische Übernahme DDR-offizieller Interpretationen<br />

gegenüber. So z. B. die offensichtliche Überschätzung <strong>der</strong> Prozedur<br />

<strong>der</strong> Kandidatenauslese (vor Wahlen zu den Vertretungsorganen,<br />

64/65) o<strong>der</strong> die Beschreibung <strong>der</strong> Konsequenzen des NÖSPL nach<br />

den Gesetz- <strong>und</strong> Verordnungstexten ohne entsprechende Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> hier durchaus kritischen DDR-Fachpresse (146 ff.).<br />

Was lobt D. an <strong>der</strong> DDR? Gefühlsmäßig, daß sie „deutscher" sei als<br />

die BRD („... daß <strong>der</strong> von Heimweh erfüllte Besucher hier viel<br />

unmittelbarer an die ,gute alte Zeit' erinnert wird" [26]). Politisch,<br />

„... daß <strong>der</strong> nazistische Virus in Ostdeutschland weitaus gründlicher<br />

bekämpft worden ist als in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik" (37). Und ökonomisch<br />

das Potential <strong>und</strong> die Effektivität <strong>der</strong> DDR-Wirtschaft, wobei<br />

<strong>der</strong> Autor wie<strong>der</strong>holt sachlich zutreffend die prekäre Ausgangslage<br />

<strong>und</strong> die Belastungen in <strong>der</strong> Rekonstruktionsphase hervorhebt. Was<br />

kritisiert D. an <strong>der</strong> DDR? Ausdrücklich eigentlich nichts, sieht man ab<br />

von skeptischen o<strong>der</strong> implizit negativ akzentuierten Darstellungen<br />

wie <strong>der</strong> <strong>der</strong> Kulturpolitik <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bemühungen um die Durchsetzung<br />

neuer Normen gesellschaftlicher Moral.

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