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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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124 Besprechungen<br />

dieser Gesetze nur aus absolut eindeutigen Ideen besteht, diese aber<br />

rein von uns geschaffen sind, so kann man von hier aus nicht sagen,<br />

daß sie in <strong>der</strong> Natur selbst gelten. Durch unsere Realisierung R werden<br />

sie sozusagen aus <strong>der</strong> Natur herausgeschnitten. Es wird also aus<br />

<strong>der</strong> Natur, die man sich zu diesem Zweck als eine Art Material denken<br />

muß, natürlich von einer praktisch unendlich variablen Sorte,<br />

eine Konstellation herausgeschnitten o<strong>der</strong> aus solchen Herausschneidungen<br />

zusammengesetzt, daß das betreffende I.W.-(Idealwissenschaft)Gesetz<br />

gerade realisiert wird" (186). Hier wird nicht zwischen<br />

Naturgesetz — in <strong>der</strong> Physik durch Differentialgleichungen dargestellt<br />

— <strong>und</strong> dem aus diesem mit Hilfe <strong>der</strong> Randbedingungen zu konstruierenden<br />

Modell unterschieden. Erst solche Modelle lassen sich<br />

empirisch realisieren. Zwischen dem theoretischen Modell <strong>und</strong> dessen<br />

empirischen Realisaten muß Isomorphie bestehen, mathematischen<br />

Funktionen müssen reproduzierbare reale Abhängigkeiten entsprechen.<br />

Dabei ist es gleichgültig, ob das empirische Schema dem theoretischen<br />

Modell vorhergeht — das periodische System <strong>der</strong> Elemente<br />

läßt im Prinzip aus dem quantenmechanischen Modell des Wasserstoffatoms<br />

sich deduzieren — o<strong>der</strong> ob versucht wird, theoretische<br />

Modelle empirisch zu realisieren. Daß aber ein Naturgesetz eine bestimmte<br />

mathematische Form hat, daß etwa die Gravitationskräfte<br />

mit dem Quadrat des Abstandes reziprok abnehmen, läßt aus keiner<br />

Idealwissenschaft sich deduzieren. Der verbindlichen subjektiven<br />

Konstruktion entspricht eine vom Subjekt unabhängige objektive<br />

Struktur, die allerdings nicht unmittelbar angeschaut werden kann,<br />

son<strong>der</strong>n nur in dem Prozeß wissenschaftlicher Arbeit zu begreifen<br />

ist. Wenn nicht die Natur in aus dem Zusamenhang isolierten Modellen<br />

objektiven Gesetzen verläßlich gehorchte, wäre eine arbeitsteilig<br />

organisierte industrielle Produktion nicht denkbar. Daraus, daß ein<br />

kosmologisches Modell des detaillierten Gesamtzusammenhangs <strong>der</strong><br />

Natur mit den Mitteln <strong>der</strong> Naturwissenschaft nicht zu konstruieren<br />

ist, daß immer nur partikulare Modelle realisierbar sind, die aus<br />

diesem Zusammenhang durch subjektiven Eingriff herausgearbeitet<br />

werden, zieht Dingler den Schluß, daß solcher Arbeit kein bestimmter<br />

Gegenstand entspreche, dieser vielmehr reine Schöpfung <strong>der</strong><br />

Arbeit sei. „Die Bürger haben sehr gute Gründe, <strong>der</strong> Arbeit übernatürliche<br />

Schöpferkräfte anzudichten, denn gerade aus <strong>der</strong> Naturbedingtheit<br />

<strong>der</strong> Arbeit folgt, daß <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> kein an<strong>der</strong>es Eigentum<br />

besitzt als seine Arbeitskraft, in allen Gesellschafts- <strong>und</strong> Kulturzuständen<br />

<strong>der</strong> Sklave <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Menschen sein muß, die sich zu<br />

Eigentümern <strong>der</strong> gegenständlichen Arbeitsbedingungen gemacht haben."<br />

(Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 15.)<br />

Den Zusammenhang von transzendentalem Strukturgesetz <strong>und</strong><br />

empirischen Bedingungen, unter denen allein jenes erkannt werden<br />

kann, liefern Modelle, die Schemata <strong>der</strong> Wissenschaft. Durch die bestimmten,<br />

willkürlich nach den Realisationsmöglichkeiten ausgewählten<br />

Randbedingungen erst wird die Lösungsmannigfaltigkeit <strong>der</strong><br />

Differentialgleichungen auf bestimmte Funktionen restringiert, denen<br />

im Realisat des Modells meßbare Abhängigkeiten entsprechen.

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