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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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148 Besprechungen<br />

Zmarzlik, Hans-Günter: Das Bismarckbild <strong>der</strong> Deutschen<br />

— gestern <strong>und</strong> heute. Verlag Eckhard Becksmann,<br />

Freiburg o.J. (35 S., kart., 5,— DM).<br />

Der Autor gibt einen knappen <strong>und</strong> kenntnisreichen Überblick<br />

über die Entwicklung des Bismarckbildes in <strong>der</strong> öffentlichen Meinung<br />

von Bismarcks Amtsantritt als preußischer Ministerpräsident<br />

bis 1918 sowie in <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> historischen Bismarckforschung von<br />

den Zeitgenossen an bis heute. Der rote Faden in Zmarzliks Untersuchung<br />

ist <strong>der</strong> Versuch zu zeigen, „wie die Historiker in disziplinierter<br />

Arbeit Wunsch- <strong>und</strong> Zerrbil<strong>der</strong>, positive <strong>und</strong> negative Heldenklischees<br />

abgebaut haben <strong>und</strong> sich dem historischen Bismarck<br />

näherten..." (31). Die Darstellung liefert jedoch selbst alle Handhaben,<br />

die zur Wi<strong>der</strong>legung dieses interessen-neutralen Ansatzes<br />

nötig sind, <strong>der</strong> auf den Schw<strong>und</strong> zeitlicher Nähe <strong>und</strong> emotionaler<br />

Parteilichkeit vertraut.<br />

Die Annäherung an den „wahren" Bismarck zeichnet Zmarzlik im<br />

wesentlichen in drei Stufen nach: Kaiserreich, Weimarer Republik<br />

<strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrepublik. Nach Bismarcks Rücktritt entsteht in <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Meinung das Nationalsymbol <strong>der</strong> dräuenden, übermenschlich-großen<br />

<strong>und</strong> zugleich nahvertrauten Vaterfigur, die dann als<br />

„Bismarck in Feldgrau" die nationale Welle 1914 <strong>und</strong> die Kriegszieleskalation<br />

mittrug. Der Autor interpretiert dies als Schaffung<br />

eines Ersatzes für das völlige Fehlen von Nationalsymbolen im entstehenden<br />

Nationalstaat, den Bismarck immer nur als B<strong>und</strong>esstaat<br />

freier Fürsten <strong>und</strong> Städte gewollt hatte; nebenher weist er darauf<br />

hin, daß man „Bismarck nun zum Eideshelfer für imperialistische<br />

Aspirationen" (14) machte, <strong>und</strong> spricht vom Bismarckkult <strong>der</strong> Vorkriegsjahre<br />

als Symptom „eines allgemeinen Maßstabverlustes" (16).<br />

Vergessen wird dabei, daß dieser Maßstabverlust keineswegs allgemein,<br />

son<strong>der</strong>n bürgerlichen Zuschnitts war. Es wird verharmlost,<br />

daß die in Bismarcktürmen <strong>und</strong> im Hamburger Kolossaldenkmal<br />

zum Ausdruck kommende nationale Kraftmeierei deutlich eine aggressive<br />

Ausrichtung gegenüber <strong>der</strong> Sozialdemokratie wie auch gegenüber<br />

den imperialistischen Konkurrenten hatte.<br />

So wenig wie den Bismarckkult bezieht Zmarzlik die Bismarck-<br />

<strong>Geschichtsschreibung</strong> auf die jeweilige Entwicklungsstufe des Kapitalismus<br />

in Deutschland: Nachdem noch im Kaiserreich <strong>und</strong> im Weltkrieg<br />

die Forschung die Akzente <strong>der</strong> populären Publizistik nur auf<br />

höherer Ebene wie<strong>der</strong>holt (17), wird nach Zmarzlik in <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik das Bild des wahren Bismarck, des „maßvollen, im tiefsten<br />

sittlich geb<strong>und</strong>enen Staatsmann(es)" erarbeitet (20), ein Bild, das<br />

allerdings noch durch die Parteilichkeit <strong>der</strong> dem Bildungsbürgertum<br />

entstammenden gemäßigt-liberalen bis konservativen Historiker<br />

verzerrt werde. Die „apologetischen Züge" (20), die Zmarzlik so säuberlich<br />

abtrennt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Parteilichkeit zuschiebt, machen nun aber<br />

den Kontext <strong>der</strong> Darstellung des angeblich „historischen" Bismarck<br />

aus: so die Wendung gegen die „haltlose" Demokratisierung (gegen<br />

die <strong>der</strong> religiös geb<strong>und</strong>ene Bismarck entdeckt wird), so die Wendung

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