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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Soziologie 133<br />

sind, als die „Begriffsanalysen", mit denen wir konfrontiert werden.<br />

Warum reflektiert <strong>der</strong> Autor nicht darauf? Und weiter: Genügt es<br />

wirklich, zu behaupten, die Soziologie sei eben eine junge Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> verwende deshalb unexakte Begriffe? Wie alt ist die<br />

Soziologie eigentlich? Was sind exakte Begriffe in <strong>der</strong> Soziologie?<br />

Solche Fragen stellt man immer wie<strong>der</strong> vergeblich, wenn man dem<br />

Autor bei seiner Arbeit zuschaut, aus r<strong>und</strong> 4000 Aufsätzen aus dem<br />

Bereich <strong>der</strong> Soziologie 400 auszusuchen, die ausdrückliche Definitionen<br />

von „Wert" <strong>und</strong> „Norm" enthalten, alle diese Definitionen auf<br />

Randlochkarten aufzutragen <strong>und</strong> möglichst Wort für Wort zu koden;<br />

dann sämtliche Bestandteile <strong>der</strong> vorgef<strong>und</strong>enen Definitionen in einer<br />

beschränkten Anzahl von Klassen zusammenzufassen, die so den<br />

maximalen Inhalt des Begriffs darstellen sollen; endlich durch Explikation<br />

diese Elemente <strong>und</strong> Klassen noch einmal zu vermin<strong>der</strong>n, indem<br />

nur wenige ausgewählte als brauchbar bezeichnet werden.<br />

So notwendig es erscheint, exakt definierte Begriffe im Rahmen<br />

soziologischer Aussagen zu verwenden, so fragwürdig ist das hier<br />

eingeschlagene Verfahren. Lautmann legt zu Beginn seiner Untersuchung<br />

die Kriterien dar, nach denen er die Explikation, d. h. also<br />

die Einengung <strong>und</strong> Präzisierung <strong>der</strong> Begriffe „Wert" <strong>und</strong> „Norm"<br />

vornehmen will: Die explizierte Bedeutung soll 1. dem bisher verwendeten<br />

Begriff ähnlich, 2. exakt, 3. fruchtbar <strong>und</strong> 4. einfach sein.<br />

Er erkennt dabei durchaus, daß die Schwierigkeit vor allem beim<br />

3. Kriterium <strong>der</strong> „Fruchtbarkeit" liegt. Was heißt: ein Begriff ist für<br />

die soziologische Forschung fruchtbar? Wenn er „möglichst viele<br />

gesetzesartige Aussagen gestatte o<strong>der</strong> je mehr er sich zur Formulierung<br />

allgemeiner Gesetze eigne" (14)? Was aber sind „viele" Aussagen?<br />

Ist das lediglich eine Frage <strong>der</strong> Quantität? Wer entscheidet,<br />

welche Gesetze qualitativ vorrangig sind? Was heißt „gesetzesartig"?<br />

Lautmann meint: „Die Soziologie kennt keine wichtigen <strong>und</strong> unwichtigen<br />

Fragen; <strong>der</strong>artige Bewertungen trägt <strong>der</strong> Forscher an sie heran"<br />

(15). Und weiter: „Im ganzen erweist sich das Kriterium <strong>der</strong><br />

Fruchtbarkeit als wenig praktikabel... Vielmehr bleibt es bei einer<br />

Schätzung qualitativer Art, die sich an Beispielen orientiert, <strong>und</strong><br />

dann ein eher intuitives Urteil über die Fruchtbarkeit abgibt" (16).<br />

In <strong>der</strong> Tat, so ist es: an den entscheidenden Stellen muß sich ein<br />

Positivist auf die Intuition verlassen. Konkret sieht das dann so aus:<br />

„Seit D. Hume wird zwischen Sein <strong>und</strong> Sollen unterschieden... Der<br />

ganz überwiegende Teil <strong>der</strong> Soziologen steht trotz immer wie<strong>der</strong> zu<br />

hören<strong>der</strong>, prononcierter Kritik auch auf dem Standpunkt, Sollen<br />

könne nicht aus Sein abgeleitet werden .... Ich schlage deshalb vor,<br />

solche normativen Worte zu vermeiden, die den sogenannten naturalistischen<br />

Fehlschluß, nämlich vom Sein aufs Sollen, auch nur nahelegen<br />

... Normative <strong>und</strong> deskriptive Sphäre würden zu leicht vermischt,<br />

ihre Grenzen verwischt" (102/103). Entgegen seiner Ankündigung<br />

liefert Lautmann einen ausführlichen Exkurs über die Probleme<br />

des Werturteilstreits, stützt sich dann „intuitiv" auf die Auffassung<br />

<strong>der</strong> „Mehrheit" <strong>und</strong> folgert konkret z. B. für den Begriff<br />

„Wert", daß aus <strong>der</strong> Fülle von Worten, die ihn in <strong>der</strong> soziologischen

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