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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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Philosophie 117<br />

richten". „Die Grenze je<strong>der</strong> Herrschaft ist die .Eigenheit' <strong>und</strong> daher<br />

die Grenze <strong>der</strong> Revolution, die nichts an<strong>der</strong>es als Herrschaft ist" (221).<br />

Am Ende bleibt es also beim Anarchismus, <strong>der</strong>, mit <strong>der</strong> freien<br />

Marktwirtschaft nur schwer vereinbar, sich in Existentialismus auflöst.<br />

Nicht „Anarchismus", nur „Empörung" findet Schäfer in Stirner.<br />

Was das, gesellschaftlich gesprochen, sei? Schäfer läßt an Deutlichkeit<br />

nichts zu wünschen übrig. Die „Klasse" <strong>der</strong> Empörer „hat ihren<br />

Status nicht durch ihre Rolle im Produktionsprozeß, son<strong>der</strong>n durch<br />

ihre Indifferenz gegen gesellschaftlichen Status, wo immer auch <strong>der</strong><br />

Einzige sein zufälliges Brot sich verdienen mag" (214). Also doch<br />

Cohn-Bendit?<br />

Schäfers Verdikt über den Kommunismus ist kurz <strong>und</strong> bündig:<br />

„Der Kommunismus erstickt die Empörung" (225). Sinn <strong>der</strong> Empörung<br />

aber nach Stirner-Schäfer ist: <strong>der</strong> solipsistisch von allen Mitmenschen<br />

isolierte Einzige hat „Vertrauen in die eigene Menschlichkeit<br />

<strong>und</strong> Mißtrauen in den Staat als ,Hüter des Menschlichen'". Um<br />

zu diesem Ergebnis zu kommen, war <strong>der</strong> zitatengepflasterte Weg von<br />

Locke bis Lenin überflüssig. Schäfers Kronzeuge Djilas hätte genügt.<br />

Bruno Frei (Wien)<br />

Kofier, Leo: Der asketische Eros. Industriekultur <strong>und</strong> Ideologie.<br />

Texte zum Studium <strong>der</strong> sozialen Entwicklung. Europa Verlag,<br />

Wien-Frankfurt/M.-Zürich 1967 (340 S., Pb., 23,80 DM).<br />

In seinem aus überarbeiteten Aufsätzen <strong>und</strong> Vorlesungen zusammengestellten<br />

Buch unternimmt Kofler den Versuch einer Kritik <strong>der</strong><br />

bürgerlichen Ideologie, die im Spätkapitalismus eine neue Gestalt<br />

angenommen habe durch das Phänomen <strong>der</strong> „ideologischen Integration"<br />

durch Identifikation mit <strong>der</strong> „Repressiven Ordnung" (12).<br />

Fünf Momente kennzeichnen nach Kofler die soziale Tragik wie<br />

das Klassenbewußtsein des „heutigen Arbeiters": 1. <strong>der</strong> proletarische<br />

Pauperismus, die menschliche <strong>und</strong> geistige Verelendung, die unabhängig<br />

von <strong>der</strong> Lohnhöhe unverän<strong>der</strong>t bleibt. Daher verläßt <strong>der</strong><br />

Arbeiter sein Milieu nicht gerne, möchte seinen Beruf nicht wechseln.<br />

Hinzu kommt physische Verelendung durch ausgebreitete Frühinvalidität.<br />

2. In bezug auf das scheinbare Eigentum des Arbeiters ist sein<br />

Klassenbewußtsein wi<strong>der</strong>sprüchlich: einerseits bleibt er sich <strong>der</strong> tatsächlichen<br />

Schwierigkeiten, sich als Eigentümer zu bewähren, voll<br />

bewußt <strong>und</strong> durchschaut den Klassencharakter des Eigentums, an<strong>der</strong>erseits<br />

unterliegt er den ihm angebotenen Surrogaten, die ihm Ventile<br />

des Genusses unter <strong>der</strong> Bedingung harter Askese eröffnen <strong>und</strong><br />

den wahren Sachverhalt verschleiern. 3. Im Zusammenhang mit dem<br />

Eigentumsproblem betrachtet <strong>der</strong> Arbeiter den Schutz durch die<br />

Sozialgesetzgebung als Errungenschaft <strong>der</strong> solidarischen Kämpfe <strong>der</strong><br />

Arbeiterklasse, die ihm als sozial Schwachem zukommt. Das proletarische<br />

Klassenbewußtsein zeigt in diesem Zusammenhang sogar die<br />

Neigung, sich zu verschärfen. 4. Die Arbeiter wissen, daß die wich-

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