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Geschichte und Geschichtsschreibung der deutschen ...

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154 Besprechungen<br />

die erste aus den Quellen gearbeitete zusammenfassende Darstellung<br />

<strong>der</strong> Revolution in Bayern. Eine 1957 von dem DDR-Historiker<br />

H. Beyer vorgelegte Untersuchung litt neben einigen an<strong>der</strong>en<br />

Schwächen u. a. darunter, daß dem Verfasser die bayerischen Archive<br />

aus politischen Gründen verschlossen blieben. Die westdeutsche Forschung<br />

hat sich, nachdem E. Kolb 1962 in seinem Buch über die Arbeiterräte<br />

eine knappe, aber informative Skizze geboten hatte, erst<br />

in den letzten Jahren <strong>der</strong> bayerischen Revolutionsgeschichte intensiver<br />

gewidmet: aus einer ganzen Serie von Münchener Dissertationsvorhaben<br />

liegen inzwischen zwei wichtige Studien zur Vorgeschichte<br />

<strong>der</strong> Revolution gedruckt vor (K.-L. Ay, W. Albrecht — beide 1968),<br />

dazu ein Sammelband mit einigen interessanten Beiträgen von<br />

K. Bosl (Bayern im Umbruch. Die Revolution von 1918, ihr Verlauf<br />

<strong>und</strong> ihre Folgen. München 1969). Ungeachtet dieser rasch anwachsenden<br />

neueren Literatur — zu <strong>der</strong> schließlich auch noch die Veröffentlichungen<br />

aus dem Umkreis des „Toller" von Dorst zu rechnen<br />

wären — wird Mitchells Buch auf lange Zeit seinen Platz als eine<br />

flüssig geschriebene <strong>und</strong> im allgemeinen gut orientierte Gesamtdarstellung<br />

behaupten.<br />

Das Hauptgewicht <strong>der</strong> Untersuchung liegt auf <strong>der</strong> ersten Phase<br />

<strong>der</strong> Revolution, die in Bayern bis zur Ermordung Eisners am 21. Februar<br />

1919 reichte. Die kurzen Wochen <strong>der</strong> Räterepublik im April<br />

<strong>und</strong> die Zeiten des unentschiedenen Zögerns <strong>und</strong> Schwankens auf<br />

allen Seiten im März werden dagegen kurz abgehandelt. Das liegt<br />

sicher teilweise an <strong>der</strong> für diese Monate sehr viel schlechteren Quellenlage,<br />

es spiegelt aber auch das Interesse des Autors. Der „Held"<br />

<strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> ist Eisner, obwohl Mitchell in seinem Urteil über ihn<br />

zögernd <strong>und</strong> letztlich negativ ist. Deutlich wird in jedem Fall, daß<br />

Eisner zu den wenigen eine biographische Untersuchung lohnenden<br />

Persönlichkeiten <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> Revolution von 1918/19 gehört,<br />

zu vergleichen vielleicht am ehesten mit dem sehr viel weniger bekannten<br />

Laufenberg in Hamburg (eine brauchbare biographische<br />

Studie über Eisner veröffentlichte 1961 F. Schade). An<strong>der</strong>e revolutionäre<br />

Führer in München — Landauer <strong>und</strong> Mühsam, Toller <strong>und</strong><br />

Niekisch, Levien <strong>und</strong> Leviné, aber auch die Brü<strong>der</strong> Gandorfer als<br />

revolutionäre Bauernführer — treten daneben in den Hintergr<strong>und</strong>,<br />

während die Politik <strong>der</strong> führenden SPD-Politiker als <strong>der</strong> Gegenspieler<br />

Eisners deutlich herausgearbeitet wird.<br />

Einzuwenden ist gegen Mitchells Darstellung zunächst, daß er sich<br />

fast ganz auf die Vorgänge in München beschränkt <strong>und</strong> die Vorgänge<br />

in <strong>der</strong> bayerischen Provinz außer acht läßt. Gewiß war München das<br />

revolutionäre Zentrum, aber es wurde für den Verlauf <strong>der</strong> Revolution<br />

entscheidend, daß die Verhältnisse außerhalb Münchens — von<br />

wenigen Ausnahmen abgesehen — ganz an<strong>der</strong>s lagen: die bayerische<br />

Revolution scheiterte nicht zuletzt an <strong>der</strong> Provinz. Mitchells Buch<br />

verengt sich so zeitweise zu einer <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Revolution in München<br />

statt in Bayern. Darüber hinaus wird die Entwicklung im gesamten<br />

Reich zu wenig in die Analyse einbezogen: zwar mochte es<br />

1918/19 gelegentlich den Anschein haben, als sei eine eigenständige

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