28.04.2014 Aufrufe

31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

133<br />

Nun der Religionswissenschaftler und Indologe HELMUT GLASENAPP 22 :<br />

„Die Philosophie des HINAYANA hatte die Welt der Lebewesen und<br />

der unbelebten Materie aufgelöst in eine Vielheit von vergänglichen,<br />

gesetzmäßig zusammenwirkenden Daseinsfaktoren (dharma).<br />

Das Nirvana stellt der Wandelwelt (Sansara) gegenüber etwas<br />

völlig anderes dar. Nirvana und Sansara sind Gegensätze, die<br />

sich nicht auf eine letzte Einheit zurückführen lassen.<br />

Die auf den Sutras der »Vollkommenheit der Erkenntnis« fußende<br />

»Mittlere Lehre« des NAGARJUNA (sprich: Nagardschuna), der im 2.<br />

Jahrhundert n. Chr. lebte, lehrt demgegenüber einen Monismus.<br />

Alles, was vergänglich ist und in Abhängigkeit von etwas anderem<br />

entsteht oder besteht, hat nach ihm keine wahre Realität, sondern<br />

nur die eines schnell vergehenden Traumes.<br />

Wirklich ist nur das, was weder entsteht noch vergeht, und weder<br />

räumlich noch zeitlich, noch begrifflich und kausal begrenzt ist.<br />

Dies ist das »Leere« (shunya), in dem alles Wandelhafte in anfangloser<br />

Kette bedingt gleich einem Zauberspuk auftritt und wieder<br />

verschwindet. Das »Leere« ist also ein relatives Nichts, der<br />

unergründliche Abgrund, über dem alles steht, nicht eine letzte<br />

Ursubstanz, aus welcher sich alles entwickelt hat. Das »Leere«,<br />

das das einzig unverrückbar Bleibende in der Flucht der sich ununterbrochen<br />

ablösenden Erscheinungen darstellt, ist das Nirvana;<br />

dieses ist mithin in Wahrheit schon jedem Wesen eigen, obwohl<br />

jenes sich dessen in seiner Verblendung nicht bewusst ist.<br />

Der Weise, der sich von irrealen Beschränkungen, die der Irrtum<br />

um ihn wob, befreit, weiß sich in der Meditation schon hier im<br />

Nirvana und wird beim Tode zu dem, was er von jeher war, zum<br />

unaussprechlichen und undefinierbaren Leeren, in dessen All-<br />

Einheit alle Unterschiede von Sein und Nichtsein aufgehoben sind.<br />

Die Buddhas und ihre Lehre sind für NAGARJUNA im höchsten Sinne<br />

natürlich ebenso unwirklich wie die Welt der Vielheit, sie haben<br />

gleichwohl einen höheren Wert als diese insofern, als sie einen<br />

praktischen Weg aufzeigen, um die Scheinwelt mit ihren eigenen<br />

Mitteln zu überwinden.<br />

Einen anderen Weg geht die »Nur-Bewusstseins-Lehre« des<br />

ASANGA (4. Jahrhundert n. Chr.). Nach dieser existiert keine reale<br />

Außenwelt; alles, was wir außerhalb unseres Geistes wahrzunehmen<br />

glauben, ist in Wahrheit eine Projektion aus diesem. Analysieren<br />

wir unser Bewusstsein, so finden wir als letzte Basis jedes<br />

individuellen geistigen Lebens ein »Speicherbewusstsein« (alaya-<br />

22 HELMUT VON GLASENAPP: „Die fünf Weltreligionen – Hinduismus, Buddhismus,<br />

Chinesischer Universismus, Christentum, Islam“. München 2001 ISBN<br />

3-89631-415-7.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!