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31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

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71<br />

Sprache<br />

Sie haben den Sachverhalt sehr treffend mit Gleichnissen beschrieben. Da<br />

sehe ich, dass bei Ihnen Probleme im Vordergrund stehen, die bei mir als<br />

einem Legastheniker, so gar nicht deutlich erlebbar sind.<br />

Als Kind konnte ich mir sprachliche Texte und Namen kaum merken.<br />

Beim Lesen flackerten auch die Augen, so dass ich nichts<br />

mehr sah und dann zu eigenen Worten greifen musste. Ich habe<br />

aber auch meiner eigenen Sprache nicht die ihr gebührende Aufmerksamkeit<br />

geschenkt. Als Einkleidung war sie mir nie bewusst.<br />

Sprache war bei mir "monologischer Ausdruck", der um Verstehen<br />

im Dialog rang. Ihren Gedanken von Sprache als Kostüm kenne<br />

ich von mir nicht. Ich habe mich offensichtlich nie sprachlich in<br />

einen Spiegel geschaut, um mein Äußeres zu schönen und meine<br />

Einkleidung zu pflegen.<br />

Ich musste immer ringen um eine mir bestmögliche Formulierung und opferte<br />

dabei immer das Verstanden-Werden, da meine Sprache mich nicht<br />

los ließ, von dem, was ich meinte. So ist mit der Zeit (mit allgemein bekannten<br />

Wörtern, fast ohne Fremdwörter) eine für mich eigene Sprache<br />

entstanden, die andere kaum mehr verstehen, obwohl fast alle Wörter bekannt<br />

sind.<br />

Missverstanden zu werden ist für mich aber immer eigenes Versagen,<br />

das ich vermeiden möchte, dass sich aber trotzdem zunehmend<br />

häufte.<br />

Desto mehr ich der Zeit aber denkend vorauseile, umso weniger werde ich<br />

zwar verstanden, aber auch weniger missverstanden, da nur noch Wenigen<br />

mein Sprechen interessiert.<br />

Ich meine aber auch nicht, dass einen Anderen mein Sprechen interessieren<br />

sollte, sondern das, worauf ich mit meinen Worten<br />

hinweise.<br />

Im Dialog geht es ja auch nicht darum, immer auf den Zeigefinger des Dialog-Partners<br />

zu schauen, sondern im Hinhören seine eigene Sicht in jene<br />

Richtung zu verlängern, in welche der Finger zeigt.

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